Sels-Museum: Pappe, die die Welt bedeutet

Das Sels-Museum zeigt ab Sonntag eine faszinierende Schau zur kleinen Welt des Papiertheaters.

Neuss. Bereits vor der Erfindung des Fernsehers waren die Fenster zur Welt viereckig. Zumindest in den Wohnstuben der Bildungsbürger im Biedermeier erlebten die Kinder das Repertoire des zeitgenössischen Theaters durch den Blick in das Papiertheater.

Wie vielfältig und liebevoll gestaltet diese kleinen, aus Bilderbögen ausgeschnittenen und aufgeklebten Miniaturtheater waren, zeigt eine Ausstellung, die das Clemens-Sels-Museum mit seiner Dependance, dem Feld-Haus, ab Sonntag präsentiert.

„Schaulust und Spiellust — Die kleine und große Welt des Papiertheaters“ ist der Titel der Schau, die nicht nur faszinierende Einblicke in die Theaterbegeisterung im 19. Jahrhundert gibt, sondern auch in das Familienleben des deutschen Bürgertums.

Spezielle Verlage druckten damals Bilderbögen zu beliebten Theaterstücken, aus denen in liebevoller Kleinarbeit die Figuren und Bühnenhintergründe ausgeschnitten und auf Pappe, Holz oder Drähte aufgeklebt wurden. In kleinen Miniaturtheatern — komplett mit Vorhang und Souffleurkasten —, gelangten dann im Familienkreis „Fidelio“, „Zauberflöte“ oder „Don Juan“ zur Aufführung.

In der Mehrzahl entstammen die gezeigten Exponate der privaten Sammlung von Christian Reuter, einem leidenschaftlichen Fan und anerkannten Experten des Papiertheaters. Er erzählt mit großer Sachkenntnis und ungeheurer Begeisterung von der Entwicklungsgeschichte der kleinen Papierwelten.

Wie schon so manche Bühne in Flammen aufging, weil bei den Wohnstuben-Inszenierungen damals bereits pyrotechnische „Special Effects“ mit Magnesium oder Schießpulver katastrophal geendet haben. „Da kreischten dann die Tanten, es knallte und zischte, und das schöne Theater war hin“, erzählt er lachend.

Dass die Faszination des Papiertheaters ungebrochen ist, beweisen die Arbeiten des Neusser Künstlers Armin Kaster. Er zeigt dreidimensionale szenische Darstellungen, die er aus den schlichten Kartons eines großen schwedischen Möbelhauses geschnitten und geklebt hat. Kaster wird auch im Begleitprogramm zur Ausstellung mit kleinen und großen Besuchern eigene kleine Papiertheater bauen und Theaterszenen entwickeln.

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