Sels-Museum: Zwei Freunde in Neuss vereint

Am Sonntag wird eine Schau zu Maillol und Denis eröffnet. Eine Blütenlese der modernen Kunst.

Neuss. Sommerlich gekleidete Frauen trafen in den letzten Tagen im Clemens-Sels-Museum am Obertor ein. Sie kamen in Begleitung von Kurieren aus dem Frankfurter Städel, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und aus Privatsammlungen. Sie wurden mit weißen Handschuhen in Empfang genommen. Es handelte sich nicht um Menschen, sondern um kostbare figurative Gemälde und Skulpturen. Sie gesellen sich zu den Damen im Besitz des Museums. Was es mit dem Rendezvous auf sich hat, wird am Sonntag enthüllt.

Zum 150. Geburtstag des Bildhauers Aristide Maillol veranstaltet das kleine, aber feine Museum eine Ausstellung. Sie gilt jedoch nicht nur dem Bildhauer, sondern zugleich dem Maler Maurice Denis. Die Kuratorin Bettina Zeman bringt die Künstler zusammen und verweist auf eine überaus intensive, bisher aber nicht beachtete Freundschaft.

Aristide Maillol kam 1861 in Südfrankreich zur Welt, Maurice Denis neun Jahre später in der Nähe von Paris. Beide sollten Wegbereiter der Moderne werden, der eine auf dem Gebiet der Plastik, der andere in der Malerei.

Denis wurde mit 20 Jahren zum Wortführer der Künstlergruppe Nabis, jener „Propheten“, so die Übersetzung des Namens, die die Abstraktion der Kunst vorausnahmen. Sie malten sehr ornamental und flächig, ohne Tiefenräumlichkeit also. Den Illusionismus ersetzten sie durch das farbige Ausmalen der Konturen. Maillol sollte sich zunächst an der Malerei der Stilrichtung orientieren, bevor er Bildhauer wurde.

Maillol und Denis begegneten einander in den 1890er Jahren, und Maillol malte im Stil des Freundes ein „junges Mädchen mit schwarzem Hut“ klar in der Silhouette, traumhaft schön in der Pose der Schlafenden und raffiniert in der kolossalen Japan-Frisur. Beide Künstler bevorzugten füllige Frauen als Motive. Denis stellte sie unter Fliederbüsche, Maillol gestaltete sie in bronzener Körperfülle. Clothilde heiratete Maillol und schenkte ihm einen Sohn. Denis ehelichte Marthe und wurde Vater von sieben Kindern. Ob sitzend wie die „Méditerranée“ (1900) von Maillol oder kniend von Denis, ob als frei stehende Büste oder in einer gemalten Szene von Denis, aber mit dem Porträt Maillols, immer wieder tauchen diese Frauen mit oder ohne ihre Männer in der Ausstellung auf.

Seit 1904 begegneten sie sich regelmäßig im Salon oder in der Galerie Vollard. Maillol übte nun Einfluss auf Denis auf. Denis andererseits vermittelte seinem Freund den Sammler Harry Graf Kessler. Schließlich beschäftigten sich beide mit der klassischen Kunst, besuchten das Britische Museum und arbeiteten 1908 bis 1911 an einem gemeinsamen Großauftrag des russischen Sammlers Iwan Morosow.

Dieses innige Verhältnis endete mit dem Ersten Weltkrieg. Denis wandte sich verstärkt christlichen Themen zu und gründete nach dem Tod seiner ersten Frau die „Ateliers der geheiligten Kunst“. Beide kamen bei einem Autounfall ums Leben, Denis im Jahr 1942, Maillol 1943.

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