Späte Genugtuung für eine „Hexe“?

1635 wurde Hester Jonas als Hexe enthauptet. Nun fordert ein Düsseldorfer die symbolische Rehabilitierung.

Neuss. Er ist einer der am beten dokumentierten Hexenprozesse: Im Stadtarchiv lagen die ausführlichen Originalakten samt Verhörprotokollen des Prozesses gegen Hester Jonas. Nach Verhören, Zeugenaussagen und Folter wurde sie verurteilt und am Heiligabend des Jahres 1635 hingerichtet. Jetzt soll es eine späte „sozialethische“ Rehabilitierung geben.

Das zumindest verlangt ein Düsseldorfer, der einen entsprechenden Bürgerantrag gestellt hat. Im Beschwerdeausschuss wurde das jetzt nicht diskutiert, sondern an den Kulturausschuss verwiesen.

Am Beispiel der Hester Jonas erweist sich allzu anschaulich der ganze Wahn und die Hysterie der Hexenverfolgungen in der frühen Neuzeit. Die Akten belegen die Ausweglosigkeit, der eine als Hexe denunzierte Frau ausgesetzt war.

Es beginnt mit Gerüchten. Hester Jonas, Frau des Peter Meurer, soll ihren Mann krank gemacht haben. Sie hat, so berichten „Zeugen“, dreien der besten Mastschweine bei den Klarissen den Tod gebracht, ein Kalbsschinken, den sie der Äbtissin brachte, war voller Ameisen — und so fort.

Das reicht dem Gericht, sie anzuklagen. Erst widersteht Hester Jonas in den Verhören, dann folgt die Folter, damals durchaus akzeptiertes Mittel im Gerichtsverfahren. Zehn Stunden muss die wohl 62 Jahre alte Frau nackt auf dem mit Nägeln gespickten Folterstuhl sitzen. Sie gesteht. Mit einem Mann namens Hans Beelzebub habe sie getanzt und mit ihm im Rübenfeld Unzucht getrieben.

Zwar gelingt es ihr noch zu fliehen, doch sie wird aufgegriffen und in den Windmühlenturm gebracht. Sie widerruft ihr Geständnis, wird geschlagen — und „gesteht“ erneut. Das Todesurteil folgt. Eine Randbemerkung auf der Prozessakte: „Den 24. Dezember 1635, am Christ-abend, mit dem Schwert justifiziert und der Leib verbrannt worden.“

Die frühere Museumschefin Gisela Götte, die die Akten durchforstet und einen Aufsatz über den Prozess geschrieben hat, zitiert den Jesuiten Friedrich Spee von Langenfeld, der sich damals leidenschaftlich für die beschuldigten Frauen einsetzte: „Sehet da Deutschland, so vieler Hexen Mutter“.

Fast 400 Jahre später nun die moralische Wiedergutmachung? Auch in Düsseldorf gab es diesen Ansatz, es ging um zwei noch 1738 in Gerresheim als Hexen erdrosselte und verbrannte Frauen. Der Rat tat sich schwer mit dem Thema, bei einer Gedenkminute verließ die CDU den Saal. Immerhin ist in Gerresheim ein Platz nach den beiden Frauen benannt.

In dem Bürgerantrag in Neuss geht es ausdrücklich um ein symbolisches Zeichen und nicht um ein Schuldeingeständnis oder juristische Rehabilitierung. Nun hat der Kulturausschuss das Wort.

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