Stadtfest: Sappeure machen "Fetzer" dingfest

Die breit angelegten „Zeitsprünge“ locken Besucher in die Innenstadt.

Neuss. Wer am Samstag unvorbereitet die Neusser Innenstadt besuchte, muss sich ähnlich gefühlt haben wie Ben Stiller in der Rolle des Museumswärters in Shawn Levys Komödie „Nachts im Museum“: Bei der fünften Auflage des Stadtfestes „Zeitsprünge“ erlebte und durchlebte er eine Zeitreise durch 2000 Jahre Geschichte.

Organisiert hat das Spektakel wieder Neuss Marketing mit Unterstützung des Rheinischen Landestheaters, vieler Freunde und Familienangehöriger. Für die 140 „Zeitaktivisten“ war der Tag eine gute Möglichkeit, ihr Hobby vorzuführen. So konnten die Mitglieder des Historienvereins „Jardin des Epoques“ im Zeltlager auf dem Freithof kampieren und auf dem Marktplatz historische Tänze zeigen. Dabei schlüpften sie in aufwendige Rokoko-Roben und wurden zu historischen Persönlichkeiten.

Silvia Klatt aus Solingen etwa gab in Neuss die Gräfin Johanna von Hohenscheid-Berg, die gemeinsam mit Dietmar Kroh alias Freiherr Karl-Ludwig von Rodenhausen ein höfisches Picknick in feudalem Umfeld genoss.

„Ich habe vor sechs Jahren durch Freunde das Rokoko als meine Zeitepoche entdeckt. Für uns Frauen ist die feine Damenwelt und für die Männer die Welt des Militärs interessant“, sagt die Wahl-Gräfin. Freiherr Dietmar ergänzt: „Wir tragen Geschichte weiter und erhalten unser europäisches Kulturgut lebendig. Außerdem ist normal langweilig.“

Langweilig werden musste es den Neuss-Besuchern den ganzen Tag über nicht, denn die geschichtlichen Spielorte waren in der Innenstadt gut verteilt.

So etwa beim Catwalk auf dem Büchel, wo mehrfach eine Modenschau der besonderen Art gezeigt wurde. Susanne Lüpertz hatte zwölf Freundinnen gewonnen, die historisch gewandet eine Zeitreise durch die Modewelt präsentierten. Schnell fanden sich zahlreiche Zuschauer ein, um die Roben zu bestaunen.

Angelockt hatte sie Hagen Pätzold mit dem römischen Cornu, einem von ihm nachgebauten Blechblasinstrument. Das Herz des studierten Trompeters und Musikarchäologen schlägt für alte Instrumente. „Das Cornu ist das einzige Instrument, auf dem man zur Römerzeit Melodien spielen konnte“, erklärt er. Akustisch lockte er zu den Showacts des Historienfestes und stellte sein Instrument zudem auf dem Freithof vor.

Nicht 2000, sondern erst 200 Jahre alt ist die Geschichte des als „Fetzer“ bekannt gewordenen Diebs Mathias Weber. Vier Kletterkünstler aus der Skihalle stellten den Einbruch ins Rathaus mittels rasanter Abseilakrobatik an der Fassade nach. Beim Originaleinbruch entkam der Fetzer der Justiz, am Samstag machten ihn die Sappeure der Neusser Furth dingfest.

Das Vorhaben, Geschichte erlebbar zu machen, gelang am Samstag in der Stadt mit 2000 Jahre alter Historie vortrefflich. Viele Besucher kamen eigens wegen der Zeitsprünge, so wie Willi Rudigkeit, der mit seiner Frau aus Dortmund angereist war. „Wir sind Rentner und haben uns Neuss als Ausflugsziel ausgesucht, weil die City sehr schön ist. Das Stadtfest ist eine tolle Sache“, findet er.

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