Stadtverwaltung: Bauverein führt Regie bei der Stadt

Die Werkleiter des städtischen Gebäudemanagements sind abberufen. Sie werden durch die Bauverein-Chefs ersetzt

Neuss. Ungewöhnliches tut sich in der Stadtverwaltung. Im Gebäudemanagement, das für die Sanierung von Schulen ebenso zuständig ist wie für funktionierende Heizungen im Rathaus oder den Neubau einer Feuerwache, haben zwei neue Werkleiter die Regie übernommen: Es sind Frank Lubig und Dirk Reimann, der Vorstandsvorsitzende und sein Stellvertreter beim Bauverein. Sie leisten diese Arbeit sozusagen ehrenamtlich: Eine Vergütung gibt es nicht.

Hintergrund dessen, was Bürgermeister Herbert Napp eine Testphase nennt, sind die Korruptionsvorwürfe gegen Mitarbeiter im Gebäudemanagement. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wuppertal, die auf Korruptionsdelikte spezialisiert ist, gegen zehn Personen aus Firmen und gegen drei Männer aus dem Eigenbetrieb. Ein vierter Verdächtiger ist gestorben. „Die Stadt unterstützt uns nach allen Kräften“, sagt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert.

Im Zuge dieser Unterstützung und während der eigenen Recherche für die arbeitsrechtlichen Konsequenzen habe man entdeckt, „dass die Aktenführung nicht den Regeln geordneter Buchführung entspricht“, so Bürgermeister Herbert Napp. Das habe die Werkleitung offensichtlich nicht gesehen. Napp betont, dass gegen die beiden Werkleiter „nicht der Hauch eines Verdachts“ bestehe, an den Korruptionsfällen direkt oder indirekt beteiligt sein. Dennoch zog der Verwaltungschef die Konsequenzen: Beide Männer wurden von ihren Posten abberufen.

Nun soll eine „Not-Geschäftsführung“ für einen ordnungsgemäßen Organisationsablauf sorgen. Dazu bestellte Napp, der auch Aufsichtsratschef der Bauverein AG ist, die beiden Geschäftsführer des Unternehmens — zunächst für ein halbes Jahr. Es gebe ohnehin viele Gemeinsamkeiten und Überschneidungen, sagt Napp.

Aus diesem Grund hatte die Verwaltung bereits im Winter vorgeschlagen, das GMN in welcher Form auch immer dem Bauverein zuzuordnen. Der Rat beschloss immerhin eine Prüfung, doch Napp gibt zu: „Es gibt erhebliche Vorbehalte bei Bauverein, beim Gebäudemanagement und auch in der Politik.“

Nun wird, den Vorkommnissen im GMN geschuldet, die Zusammenarbeit ohne Ratsbeschluss erprobt. Napp sieht das als „gute Gelegenheit“. Eine Einsparung von bis zu 700 000 Euro jährlich hat die Stadtverwaltung geschätzt, etwa durch gemeinsame Ausschreibungen. „Das Geld sollte man nicht an sich vorbeiziehen lassen“, so der Bürgermeister. Er kann sich für die Zukunft eine „institutionalisierte Zusammenarbeit“ des Unternehmens und des Verwaltungs-Eigenbetriebs vorstellen.

Auch Frank Lubig (Foto), Chef des Bauvereins und derzeit zusätzlich GMN-Werkleiter ehrenhalber, betont: „Das Ganze ist sinnvoll. Wir haben doch schon festgestellt, wie viele Überschneidungen und mögliche Synergieeffekte es gibt.“

Größte Bedenken hat dagegen Reiner Breuer, SPD-Fraktionschef im Stadtrat. „Was konkret wird den abberufenen Werkleitern vorgeworfen? Seit wann sind die Vorwürfe bekannt? Und warum gibt es im Testat der Wirtschaftsprüfer keine Hinweise darauf? Auf unsere Fragen bekommen wir vom Bürgermeister keine Antworten.“ Für Breuer steht fest, dass Herbert Napp nun Fakten schaffen wolle, um eine Dauerlösung in seinem Sinne vorzubereiten. Das will Breuer nicht hinnehmen. „Wir verlangen jetzt Akteneinsicht“, so der Stadtverordnete.

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