Verpasste Chance und späte Ehrung

Irmgard Feldhaus: Rheinlandtaler posthum, für die Ehrenbürgerwürde ist es zu spät.

Neuss. Der Termin steht fest. Im Februar erhält Irmgard Feldhaus, frühere Direktorin des Clemens-Sels-Museums, leidenschaftliche Kunstsammlerin und Mäzenin mit feinem Humor, den Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes. Die im Sommer vergangenen Jahres verstorbene promovierte Kunstwissenschaftlerin erhält ihn posthum. Eine allzu späte Entscheidung, was so manchem Begleiter und Bekannten ein wenig peinlich erscheint.

Irmgard Feldhaus, von Kulturdezernentin Christiane Zangs als „Grande Dame der Neusser Kultur“ tituliert, hat der Stadt schon zu Lebzeiten ihre Sammlung populärer Druckgrafik übereignet. Ihre Verdienste um den Aufbau des Museums und die zähe, manchmal unbequeme Beharrlichkeit bei der Entwicklung der Sammlung sind unbestritten.

In Neuss erinnert nun das Feld-Haus an der Raketenstation im Kulturraum Insel Hombroich an die kunstsinnige Neusserin. In dem von Per Kirkeby entworfenen Bau ist die Sammlung ihrer Druckgrafiken untergebracht. Der Stadt hat sie darüberhinaus Kunstwerke im Wert von 1,6 Millionen Euro vermacht: keine Überraschung, sondern lange angekündigt.

Für die Würdigung durch die Ehrenbürgerschaft aber hat es nicht gereicht. Die Stadt ist äußerst zurückhaltend mit dieser Auszeichnung, die an lebende Personen vergeben werden muss.

Der erste war 1905 der Landrat Clemens Freiherr von Schorlemer-Lieser, Gründer des Gemeinnützigen Bauvereins, der Volksbadeanstalt und anderer sozialen Einrichtungen. Es folgte 1919 der Unternehmer und Beigeordnete Wilhelm Thywissen, der sich maßgeblich bei der Lebensmittelversorgung im Ersten Weltkrieg engagiert hatte. Während der NS-Zeit zeichnete die Stadt 1933 gleichzeitig Adolf Hitler, Joseph Goebbels („als Sohn des linken Niederrheins“) und Reichspräsident Paul von Hindenburg sowie wenig später den Düsseldorfer Gauleiter Friedrich Karl Florian aus. Im Dezember 1945 erkannte der von den Alliierten eingesetzte Bürgerausschuss Hitler, Goebbels und Florian die Ehrenbürgerwürde wieder ab. Öffentlich gemacht wurde das allerdings nicht.

1950 gab es einen neuen Ehrenbürger: Josef Kardinal Frings stand wieder für die katholisch-konservative Tradition der Stadt. Noch länger dann der Zeitraum bis zur bislang letzten Ehrenbürger-Verleihung: Dem früherem Oberbürgermeister Hermann Wilhelm Thywissen, Enkel von Wilhelm Thywissen, wurde diese Ehre 1995 zuteil.

Zumindest im Gespräch war auch Irmgard Feldhaus. Dem Vernehmen nach aber gingen die Bestrebungen im politischen Ränkespiel unter. Und die streitbare, unabhängige „Grande Dame der Kultur“ hatte unmissverständlich klargemacht, dass sie nur ein einstimmiges Votum akzeptieren würde.

So blieb und bleibt es denn bei der Herrenriege der Ehrenbürger. Die Kulturdezernentin jedenfalls bedauert das: „Ich sage es als Frau und als jemand, der die Verdienste von Irmgard Feldhaus genau kennt: Dies ist eine große vertane Chance der Stadt.“

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