Verwaltung: „Herberge wird den Anforderungen gerecht“

Die Stadt hält die Sicherheit der Einrichtung für Obdachlose nach der Tötung eines Nutzers nicht für gefährdet.

Neuss. 190 Euro — diese Summe hat als Anreiz ausgereicht, um einen 59-jährigen Obdachlosen zu töten. Unter Verdacht stehen Denis E. (18) und Sven K. (37), die wie das Opfer regelmäßig zu Gast in der Notschlafstelle Hin- und Herberge waren.

Grund für die Politik, sich das Wohnheim für Männer am Derendorfweg genauer anzusehen und zu klären, welche Zustände dort herrschen. In der Sitzung des Sozialausschusses hat die Verwaltung nun einen Bericht zu der städtischen Übernachtungseinrichtung vorgestellt.

Rückblick: An einem Sonntagmorgen Ende März wird der 59-jährige Deutsche vietnamesischer Herkunft auf dem Neusser Tüv-Gelände überfallen und mit einer Holzlatte erschlagen. Die beiden Verdächtigen werden am Abend am Männerwohnheim festgenommen.

Laut Polizei hatte das Opfer an jenem Abend ein kurzfristiges Hausverbot erhalten, weil es den Rucksack von Sven K. nach Geld durchsuchte — den 190 Euro, die K. ihm zuvor gestohlen haben soll. Von dem Geld sollen Sven K. und Denis E. große Mengen Alkohol gekauft haben. Auch das Opfer selbst war für regelmäßigen Alkoholkonsum bekannt. Tragisch sei, dass es möglicherweise sonst nicht zu der Tat gekommen wäre, so Stephan Zehnpfennig, Vorsitzender des Sozialausschusses.

Mitglieder des Sozialausschusses haben sich bei einer Begehung ein eigenes Bild von der Einrichtung gemacht. Mit dabei: Susanne Benary-Höck, Stadtverordnete der Grünen und Diplom-Sozialarbeiterin. „Das Konzept der Hin- und Herberge ist gut, die Mitarbeiter sind engagiert“, lobt die Fachfrau. „Allerdings ist der Standort abgelegen, und die Mitarbeiter sitzen spätestens ab 23 Uhr alleine da. Mit mehr als 23 Obdachlosen kann es schon mal Konflikte geben.“

Dass das Personal der Herberge „jederzeit mit Schwierigkeiten rechnen muss“, bestätigt der Bericht der Verwaltung. Das Klientel habe zum größten Teil Probleme mit Alkohol, Drogen und Medikamenten. „Die Bewohner nutzen jede Gelegenheit, an Geld und Drogen zu gelangen. Die Schwelle zur Kriminalität wurde von allen übertreten“, heißt es.

Um ein stressfreies Zusammenleben zu ermöglichen, sei der Genuss von Alkohol in geringen Mengen nicht untersagt: „In der Regel werden pro Person drei Flaschen Bier oder eine Flasche Wein toleriert.“ Ein absolutes Verbot könne nicht umgesetzt werden — wegen der Gefahr, dass jemand wegen eines Hausverbots in einer kalten Nacht erfriert. Fazit der Verwaltung: „Hausordnung und Unterbringung werden allen Anforderungen an die Wohnungslosenhilfe gerecht. Eine Veränderung, auch im Umgang mit Alkohol, wird nicht als notwendig erachtet.“

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