Football: „Wenn’s knallt, ist es gut“

Die Neusser Frogs suchen neue Mitglieder. Die WZ hat beim Training der Damen mitgemacht.

Neuss. Die Angst vor Wehwehchen bleibt draußen. Auch Eitelkeit, Furcht vor Dreck oder Scheu vor Körperkontakt werden mit der Straßenkleidung abgestreift. Stattdessen empfiehlt sich, sämtliche vorhandenen Aggressionen mit aufs Feld zu nehmen — für die Chance, im Spiel zu bestehen.

„Der Sport ist hart; der lebt vom Kontakt. Wenn’s richtig knallt, haben wir gut gespielt“, sagt Peter Hambüchen (29), Abteilungsleiter der Neusser Frogs.

Auf dem fußballfeldgroßen Grün in Weckhoven trainiert bereits die Herrenmannschaft: Im Kreis aufgestellt, absolvieren die Spieler Liegestütze, zählen dabei auf Englisch mit — ihre Lautstärke und der durchdringende Ton würden einem Kommandanten der Bundeswehr ein anerkennendes Nicken entlocken.

Für die Damenmannschaft steht erst einmal Laufen an. Eine Runde um den Platz, in Zweierreihen nebeneinander, vorn die mit der schwächsten Kondition. Gruppengefühl ist hier alles. „Football ist ein Teamsport. Wir sind aufeinander angewiesen. Allein ist man nichts auf dem Platz“, sagt Sonja Falkenburg (27).

Nach einer Reihe Dehnübungen folgt der Griff zu Helm und Schulterpolster — regelrechte Trümmer aus Kunst- und Schaumstoff, die den letzten Gedanken an ein feminines Erscheinungsbild wegwischen.

Allein aus modischer Sicht scheint festzustehen: Das ist ein Männersport. Sonja, Angela, Katharina, Nadine und Dori sehen das zwar ähnlich. „Das ist nichts Typisches, was alle Mädels machen“, sagt Sonja lächelnd. Trotzdem: Seit rund sechs Jahren stehen die Frauen zweimal in der Woche auf dem Platz, trainieren Tackles, Pässe, Spielzüge.

Sich schnell zu bewegen, geschweige denn einen Ball zu fangen, fällt unter der Schutzausrüstung erst einmal schwer. 200 Kilogramm soll sie aushalten, wenn sich der Gegner mit aller Wucht dagegen wirft. Ein gutes Gefühl, da kann gar nichts passieren.

„Doch“, korrigiert Angela (21) grinsend. Verdrehte Knie, Kreuzbandrisse, Gehirnerschütterungen oder Kapselverletzungen der Hände sind bekannte Begleiter durch eine Spielsaison.

Während ich meine Bewegungen automatisch verlangsame, halten die anderen drauf. Die Schulterpolster krachen gegeneinander, die Zurufe sind kurz und harsch, die Blicke entschlossen — von Zaghaftigkeit fehlt jede Spur. Verfehlte Pässe werden mit einem grimmigen Gesicht quittiert. „Die Mädels sind ehrgeizig“, sagt Trainer Marcel Müller (22).

Das Problem der Frogs: „American Football ist in Deutschland eine Randsportart. Unsere Mitglieder haben sogar einen amerikanischen Fernsehsender abonniert, um überhaupt Spiele verfolgen zu können“, sagt Peter Hambüchen. „Die Anschaffung einer Ausrüstung ist mit rund 500 Euro außerdem eine Hürde, die nicht jeder so leicht nehmen kann.“

Um trotzdem neue Mitglieder zu werben, haben die Neusser Flyer in Fitnessstudios, Schulen und Gastronomiebetrieben verteilt: „Dreimal kostenloses Probetraining“, wird darauf versprochen.

Hambüchen: „Das funktioniert. Regelmäßig rufen Leute an und wollen das mal ausprobieren.“ Ihr Vorteil: „Man kann jederzeit einsteigen. Im Fußball dagegen haben Ältere konditionell und technisch keine Chance. Ich spiele selbst erst seit einem Jahr — dieser Sport hat mich absolut ergriffen.“

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