Zehn Jahre Euro in Neuss

Am 1. Januar 2002 mussten die Neusser mit einer neuen Währung bezahlen.

Neuss. So einen Ansturm hat die Neusser Sparkasse selten erlebt. Am Neujahrstag 2002 geht der erste Weg vieler Neusser zur Bank: D-Mark in Euro umtauschen und das neue Geld aus dem Automaten holen. Mehr als 22 000 Kunden ziehen am 1. Januar 2002 an 80 Bankautomaten der Sparkasse im Kreis 5 600 000 Euro. Die Kunden stehen Schlange für den Euro — und das trotz zweimonatiger Übergangszeit.

„Das Thema hat alle Menschen bewegt. Die Neugier und die Spannung auf das neue Geld waren groß“, sagt Raimund Franzen, Sprecher der Sparkasse Neuss, im Rückblick. Auch ihn selbst ließ die neue Währung nicht kalt, seinen ersten Euro bewahrt er bis heute auf: „Ich besitze noch das gesamte Starterkit in der originalen Verpackung. Die Währungsumstellung war für mich ein historisches Ereignis.“

Auch bei Rainer Mellis, heute Vorstandssprecher der Volksbank Düsseldorf Neuss, liegt das Starterkit noch in derSchreibtischschublade. Er war einer der Ersten, die am Neujahrstag mit Papiergeld bezahlten. „Ich habe mir gedacht, den ersten Schein nimmst du dir selber.“ Mit 20 Euro geht er zum Kiosk und kauft sich eine Zeitung. Mellis wollte überprüfen, ob die Einzelhändler wirklich wechseln konnten. Sie konnten.

Bei „Wetten-Sieberts“ konnte an der Rennbahn schon beim Silvester-Renntag mit den Euros aus den Starterkits gewettet werden. „Wir haben beide Währungen angenommen, das ging problemlos über die Bühne“, sagt Buchmacher Michael Sieberts. Geändert hat sich für den Wettanbieter mit dem Euro, dass die Besucher der Rennbahn weniger Geld dort lassen: „Wurde früher mit 20 Mark gewettet, waren es dann halt 10 Euro. Die Leute verdienen eben nicht mehr.“

Der Euro als Teuro? „So richtig hat sich doch keiner an den Euro gewöhnt. Manche Kunden schimpfen über die Währung“, sagt Stefan Lenze, Inhaber des Leihhauses Winter an der Michaelstraße.

Dem widerspricht Mellis: „Der Euro hat gerade uns Deutschen geholfen. Nicht nur, dass er eine Erleichterung bei Auslandsreisen ist, das Warenspektrum ist viel breiter und damit günstiger geworden.“ Einige Artikel des Tagesbedarfs seien allerdings teurer geworden.

Nicht nur durch die Verteuerungsdebatte, sondern auch durch die Finanzkrise hat das Vertrauen in den Euro gelitten. Dennoch sind Neusser Banker zuversichtlich, dass die Währung auch ihren 20. Geburtstag erleben wird.

„Die jüngsten EU-Beschlüsse sind ein eindeutiges Bekenntnis der Politik zum Euro“, sagt Franzen. Mellis geht von einem stabilen Euro im Jahr 2022 aus, allerdings unter anderen Voraussetzungen als heute. „Ich bezweifele, dass es den Euro in der Form geben wird, es werden weniger Länder die Währung haben.“

Das DM-Zeichen auf dem Kassenbon ist verschwunden, viele Neusser — darunter Michael Sieberts — rechnen die Preise im Kopf nicht mehr um. Dennoch kursieren noch Restbestände an Scheinen und Münzen in der Stadt. Kontinuierlich kommen Kunden mit der alten Währung zur Volksbank.

„Bei Haushaltsauflösungen finden Angehörige oft Scheine aus der alten DM-Serie“, sagt Mellis. Das Geld kann in Neuss allerdings nicht mehr eingetauscht werden, dafür ist die Bundesbank in Düsseldorf zuständig.

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