Emporkömmling erobert Rathaus

Er sorgte in Dormagen für eine Sensation: Erik Lierenfeld wird neuer Bürgermeister.

Emporkömmling erobert Rathaus
Foto: gräfe

Dormagen. Gut eine Woche ist es erst her, dass Erik Lierenfeld das bisher schönste Kompliment seines Lebens bekam. Es hatte mit seiner politischen Arbeit rein gar nichts zu tun. Lierenfelds elfjähriger Neffe feierte seinen Geburtstag. Irgendwann am Nachmittag baute er sich vor seinem Onkel auf, ein Plakat mit Foto und Namen desselben in der Hand. „Ich muss jetzt mal mit Dir sprechen!“ — „Wie meinst Du das?“ — „Na, wir sollen doch für die Schule unser Vorbild interviewen!“

„Ehrlich“, sagt der frisch gekürte Dormagener Bürgermeister, „an diesem Tag bin ich das erste Mal in meinem Leben um zwei Zentimeter gewachsen.“

Gut möglich, dass am Sonntagabend noch einmal zwei Zentimeter dazugekommen sind. Denn auf das fulminante Wahlergebnis von 52,1 Prozent darf der 27-jährige Diplom-Verwaltungswirt stolz sein. 13 031 Dormagener haben ihr Kreuzchen hinter seinem Namen und so den bislang stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Dormagen zum hauptamtlichen Verwaltungschef und Vorgesetzten von rund 800 städtischen Mitarbeitern gemacht.

Lierenfeld bezeichnet sich selbst schon mal als „Arbeiterkind“. Als jüngstes von fünf Geschwistern war er der einzige, der die Schule bis zum Abitur durchlief. „Meine Mutter hätte sich gewünscht, dass ich Pfarrer werde“, blickt er zurück. Stattdessen folgten Ausbildung und Studium im öffentlichen Dienst — und der Schritt in die Politik.

Ein Blick in den für 27 Jahre erstaunlich umfangreichen Lebenslauf zeigt: Erik Lierenfeld sucht Verantwortung. 2004 trat er den Jusos bei, rückte schnell zum Stellvertreter, dann zum Vorsitzenden auf.

2009 dann der Sprung in den Stadtrat, verbunden mit der Repräsentationstätigkeit als stellvertretender Bürgermeister. Seit Februar 2013 führt Lierenfeld den Stadtverband der Sozialdemokraten, im gleichen Jahr berief ihn Frank-Walter Steinmeier als Moderator in sein Wahlkampfteam.

„Nebenbei“ ist der zukünftige Bürgermeister in über 20 Dormagener Vereinen aktiv — vom Tambourcorps über den Heimatverein bis zum Förderkreis des Kindergartens. Teamleiter beim Job-Center im Kreis ist als aktuelle berufliche Station im Lebenslauf von Erik Lierenfeld zu lesen — bis zum 23. Juni. Dann übergibt Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann die Amtsgeschäfte an seinen 40 Jahre jüngeren Nachfolger.

Der trifft in der konstituierenden Sitzung des Stadtrates am 18. Juni auf eine schwierige Konstellation, denn dort sind fast alle Farben des politischen Spektrums vertreten: CDU (-4 Sitze gegenüber 2009) und SPD (+4) stellen mit jeweils 16 Sitzen die beiden größten Fraktionen.

Jeweils drei Stadtverordnete entsenden die Grünen (wie bisher) und die Zentrumspartei (+1), zwei Sitze stehen der FDP zu (-1). Jeweils einen Sitz bekommen Die Linke, die Piraten, die Alternative für Deutschland (AfD) und die aus Pro Dormagen hervorgegangene Wählervereinigung „Ein Herz für Dormagen“ (-1).

Schon im Vorfeld hat Erik Lierenfeld geäußert, er könne sich sachorientierte Entscheidungen mit wechselnden Mehrheiten gut vorstellen. Hier schließt sich der Kreis zum Dormagener Alt-Bürgermeister Heinz Hilgers. Er hatte ebensolches Regieren nach seiner Wiederwahl 2004 als „Allianz der Vernunft“ propagiert und jubelte selbstverständlich beim roten Wahlsieg am Sonntagabend mit: „Es wurde aber auch Zeit, dass ich endlich einen Nachfolger bekomme.“

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