Wie Altbier zum Kulturgut wird

30 Museen und Archive am Niederrhein und in den Niederlanden widmen sich dem Bier der Region.

Rhein-Kreis Neuss. Im Gartensaal des Clemens-Sels-Museums blieb am Dienstag kein Stuhl frei. Die Repräsentanten von mehr als 30 Museen und Archiven des Netzwerks Kulturraum Niederrhein trafen sich zur abschließenden Besprechung vor einer Ausstellungsreihe, die sogar grenzüberschreitenden Charakter hat. Denn auch Städte der niederländischen Provinz Limburg machen mit. Es geht um Altbier, dem jeder der Teilnehmer eine andere Facette abgewinnt.

Das Altbier, so schickte Kulturdezernentin Christiane Zangs voraus, habe durchaus eine kulturgeschichtlich tiefere Dimension für die Region, als man zunächst denke. Dass die Idee, mit Veranstaltungen, Ausstellungen oder Exkursionen den Reiz dieses Genussmittels mit hohem Identifikationswert am Niederrhein zu erkunden, sogar über Grenzen hinweg schwappt, könne sie nur begrüßen — auch wenn sie vor der Auftaktveranstaltung am 9. Juni in Neuss eine wenig Bammel habe: „Dann muss ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Fass Bier anstechen.“

Neuss ist gleich mit mehreren Einrichtungen vertreten — drei davon an der Oberstraße: Das Clemens-Sels-Museum spürt der Entstehungsgeschichte des Altbiers nach, das Schützenmuseum geht der Frage nach, „wie das Schützenfest schmeckt“, und das Stadtarchiv kümmert sich um alte Traditionsgaststätten.

Auch Hitch-Kino oder Alte Post beteiligen sich mit einzelnen Veranstaltungen, im Feld-Haus auf der Raketenstation Hombroich werden alte Werbeplakate präsentiert.

Im Tuppenhof in Kaarst wird gezeigt, wie Bauern früher Bier und Braten aufgetischt haben, und das Museum Kulturbahnhof in Korschenbroich widmet sich vorwiegend „der ältesten Brauerei der Welt“, der Bolten-Brauerei.

Obwohl auf der Grenze zum Kölsch liegend, beteiligt sich auch das Kreismuseum in Zons. „Alt und Kölsch, beides ist obergärig“, findet Museumschefin Angelika Riemann einen gemeinsamen Nenner. In Dormagen stehen die Flaschen von einst im Vordergrund. „Wir zeigen aber auch die Bierflaschen der Zukunft, die von Auszubildenden des Berufskollegs für Glas, Keramik und Gestaltung kreiert wurden“, so Riemann.

Auch die Schattenseiten der Trinkfreuden werden nicht ausgeblendet. Auf welch fantasievolle Weise sich die Städte darüber hinaus dem Thema genähert haben, zeigt das Beispiel Mönchengladbach: Im Museum Schloss Rheydt wird die Kneipen- und Musikszene unter die Lupe genommen, die unter anderem durch die Eröffnung der Disco „Lovers’ Lane“ von Günter Netzer in den 70er Jahren zum Kult wurde.

Das kostenlose Magazin mit allen Informationen zu der Veranstaltungsreihe liegt in einer Auflage von 40 000 Stück in über 600 Institutionen aus. Parallel erscheint im Greven-Verlag auch ein Buch von Carl Pause (Clemens-Sels-Museum) und Britta Spieß (Schützenmuseum): „Altbier am Niederrhein“ ist gerade im Druck.

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