Zu viel Regen: Getreide unter Stress

Wegen der nassen Witterung drohen jetzt drastische Ernteausfälle.

Rhein-Kreis Neuss. Die Bauern aus dem Rhein-Kreis Neuss schauen besorgt gen Himmel. Erst die trockenen Monate im April und Mai, jetzt der Regen, der auch gestern wieder in Schauern niederging. Die Wetterkapriolen setzen das Getreide, das auf rund der Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut wird, unter Stress. Laut Kreisbauernschaft drohen drastische Ernteausfälle.

„Es wäre besser, wenn die Sonne des Aprils aktuell auf die Getreidefelder scheinen würde“, sagt der Vorsitzende der Kreisbauernschaft, Wolfgang Wappenschmidt. Denn Raps, Roggen und Weizen stehen noch immer auf den Feldern — und die Mähdrescher bleiben in den Hallen. „Sie können nur mähen, wenn es trocken ist“, betont Wappenschmidt.

Vor gut einer Woche haben die Bauern im Rheinland mit der Rapsernte begonnen. Rund ein Viertel der Flächen seien bereits abgeerntet worden, erläutert Wappenschmidt. Vereinzelte Versuche, den Weizen einzufahren, habe es zum Beispiel in Neuss gegeben. Doch jetzt geschieht nichts — die Bauern warten auf sonnige Tage.

Sobald das Getreide reif ist, setzt die Keimruhe ein. „Wenn das Korn dann anfängt, auf dem Halm zu sprießen, wird der Mehlkörper abgebaut. Der Ernteertrag und die Backfähigkeit des Getreides werden geringer. Die Qualität sinkt“, sagt Wappenschmidt. Die Bauern könnten das Korn im schlimmsten Fall nur noch als Futtergetreide verkaufen — und das bringt weniger Geld.

Zudem müsse die Ernte, die eine Feuchtigkeit von über 16 Prozent aufweist, getrocknet werden. Die EU schreibt als Grenzwert 14 Prozent vor. „Das überfeuchte Getreide kann beim Landhandel eingelagert und getrocknet werden, aber bei den derzeitigen Energiekosten ist das natürlich teuer“, erklärt der Vorsitzende der Landwirte.

Wie hoch der Ernteausfall wegen der anhaltenden Niederschläge ausfallen wird, ist noch nicht absehbar. Fakt sind jedoch bereits die Auswirkungen der Trockenperiode. In Kaarst und Dormagen, wo es Gebiete mit sandigen Böden gibt, konnten 30 Prozent weniger Gerste als im Vorjahr geerntet werden. Im restlichen Kreisgebiet mit feuchten Lösböden wurde das Ertragsniveau des Vorjahres um 10 Prozent unterschritten.

„Für andere Kulturen, wie zum Beispiel die Rübe, ist die aktuelle Witterung sehr gut. Für Getreide ist sie schlecht“, sagt Wappenschmidt. Jetzt hoffen die Bauern, dass bald besseres Wetter aufzieht. Die Mähdrescher würden dann auch in trockenen Nächten über die Felder rollen.

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