Finanzen: Geldsegen dank Sex-Steuer?

Stadt hofft auf „10 000 Euro plus X“. Vier einschlägige Betriebe sind der Verwaltung bekannt. Recherche gestaltet sich schwierig.

Sprockhövel. Sprockhövels „Rotlichtszene“ ist überschaubar. „Genau genommen gibt es sie ja eigentlich gar nicht“, sagt Stephan Sturm aus der städtischen Gebührenabteilung und schmunzelt. Das macht er öfter im Gespräch über die Sex-Steuer, auch wenn das ja eher ein langweiliges Thema für ihn sei, wie er ausdrücklich betont.

„Es geht halt um eine Steuererhebung, ich sehe das sehr sachlich. Bei den Kollegen sorgt es aber hin und wieder für Heiterkeit.“

Dass Sprockhövel in diesem Jahr für sexuelle Vergnügungen Steuern erhebt, ist eine Premiere und bei kleinen Kommunen eher selten. Nur geht es der Stadt finanziell bekanntlich alles andere als rosig, neue Einnahmequellen sind deshalb durchaus erwünscht — und wenn es auch kleine sind. Sturm rechnet mit „10 000 Euro plus X“. Etwa 30 000 Euro nimmt die Kommune bereits aus der „normalen“ Vergnügungssteuer ein.

Vorbild ist Köln, das seit Jahren Bordellbetreiber oder auch Prostituierte extra zur Kasse bittet. „Wir erfinden nichts neu und haben uns bei den Bescheiden an Köln orientiert. Wir können ja auch nicht auf einmal mehr verlangen als Köln“, betont Sturm — und muss wieder schmunzeln. Gut, der Vergleich mit der Domstadt hinkt sowieso etwas.

Ein sündiges Viertel? Oder gar einen Straßenstrich? „Gibt’s hier natürlich nicht“, sagt Sturm und listet Sprockhövels „Szene“ auf: „Zwei Swinger-Clubs, eine Nachtbar und ein FKK-Club sind uns bekannt, die wurden auch angeschrieben. Ansonsten war’s das.“

Obwohl, nicht ganz. Es habe noch eine Dame gegeben, die sich freiwillig gemeldet hat, erinnert sich Sturm. Pech für Sprockhövel: Sie wohnt zwar hier, geht ihrem Gewerbe aber in einer anderen Stadt nach — und müsste wenn überhaupt dort Steuern zahlen. Prostitution ist zumindest offiziell kein Thema in Sprockhövel.

„Was in Privatwohnungen stattfindet, wissen wir natürlich nicht“, sagt Sturm und weist auf „schwierige Recherchen“ hin. „Das fängt ja schon damit an, dass, selbst wenn ich wollte, ich nicht auf den einschlägigen Internetseiten suchen könnte, weil die auf den städtischen Rechnern gesperrt sind“, erzählt Sturm.

Was bleibt, sind also die bekannten Betriebe in der Stadt. Die müssen jetzt zum Beispiel monatlich angeben, wann und wie oft auf welcher Fläche Veranstaltungen stattfinden. Oder wo es, wie es in schönstem Beamtendeutsch heißt, die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ gibt.

Wobei das die Frage nach einer Überprüfung aufwirft. Scherzhaft werde unter den Kollegen schon diskutiert, wer Kontrollen in den Etablissements durchführen wird, sagt Sturm.

Wird es denn im Zweifelsfall Stichproben geben? Sturm wiegelt ab. „Erstmal glauben wir das, was uns die Betriebe mitteilen.“ Wenn sie denn etwas mitteilen. Drei der vier Etablissements sind mit ihrer Antwort bereits überfällig.

„Die werden jetzt noch einmal freundlich daran erinnert, ansonsten wird geschätzt“, weist Sturm auf die Notwendigkeit hin. Ein Club hat sich dagegen schon gemeldet. „Aber es gibt da noch gewisse Nachfragen unserseits. Irgendwie passen die Angaben nicht“, kündigt Sturm an. Vielleicht muss ja doch einmal ein Freiwilliger aus der Verwaltung zum Kontrolleinsatz . . .

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