Modellbahnwelt am Mettberg

Straßenbahn: Helmut Becker baut historische Modelle originalgetreu nach. In seinem Garten hat er eine eigene große Strecke angelegt.

Herzkamp. "Nicht mit dem Wagenführer sprechen." Wenn Helmut Becker gleichzeitig drei Straßenbahnmodelle durch das Gleisgewirr im heimischen Garten am Mettberg steuert, muss er sich ähnlich konzentrieren wie ein echter Lokführer. Bei gut 40 Metern Strecklänge, drei Schleifen, in denen von Plus auf Minus umgepolt werden muss, vier Trafos und sieben Stoppschienen gilt es den Überblick zu bewahren, damit alles läuft.

Sein Freund und Modellbaukollege Klaus Hoffmann kann sich währenddessen ganz dem optischen Genuss hingeben und scherzhaft auf den Spruch anspielen, den jeder Straßenbahn- und Schwebebahnpassagier noch aus Zeiten kennt, als das Führerhaus nicht vom Fahrgastraum getrennt war.

Straßenbahnnostalgie wird bei Helmut Becker groß geschrieben, seit der Schreiner vor 13 Jahren in den Ruhestand ging und die Zeit für den Modellbahnbau im großen Stil fand. In Tausenden von Arbeitsstunden hat er seitdem rund 60 Straßenbahn- und Schwebebahnwagen in der mit 45 Millimetern größten Modellbahnspurweite (LGB) originalgetreu nachgebaut.

Die ehemalige Barmer Bergbahn, die Züge von 1907, die für die bergischen Kleinbahnen von Vohwinkel nach Düsseldorf fuhren oder den ehemaligen Triebwagen der Linie 15 Kohlstraße - Remscheid. "Der fuhr bis Ende der 60er Jahre", erzählt Becker, der natürlich selbst noch Fahrgast war.

Dass es sich um Modelle aus Sperrholz handelt, kann man aufgrund der raffinierten Lackierung nur erkennen, wenn er das Dach abnimmt und einen Blick auf die sonst sorgsam verkleidete Verdrahtung in der Zwischendecke zulässt.

Wie in einer kleinen Manufaktur hat er in seinem Bastelzimmer Türen, Bänke, Wagenkästen, Radverkleidungen und Trittbretter vorgefertigt, denn die nächste Straßenbahn ist bereits im Bau. "Ein Jahr beträgt die Bauzeit durchschnittlich", erzählt Becker. Kurz vor der Fertigstellung stehen derzeit auch je zwei Schwebebahnwagen der legendären Nummern 57 und 58 aus den 30er-Jahren, die lange den schnellsten Zug bildeten, aber ein Einzelstück blieben.

Für das Fahrwerk ist wie für alle Metall-Teile Ex-Schlosser Klaus Hoffmann zuständig. Für den Schwebebahnbau haben sich die beiden Modellbau-Enthusiasten vor acht Jahren zusammengetan. "Im Hinblick auf den 100. Geburtstag der Schwebebahn haben wir das verabredet", so Hoffmann.

Seitdem dürfen die Modelle der beiden, inklusive zehn Meter langer Barmer-Bergbahn-Strecke auf keiner größeren Modellbahnausstellung fehlen. Stargäste sind sie stets bei der Modellbahnschau der Stadtwerke Ende November und zu Pfingsten im Straßenbahnmuseum in der Kohlfurt.

Trotzdem lässt Becker seine Modelle bei schönem Wetter noch immer gerne über die heimische Strecke am Mettberg zockeln und kann sich daran begeistern. Vorher werden Schnecken von den Schienen gelesen, Blumen, Gräser und Sträucher an der Strecke mit der Schere gestutzt.

Seine Frau, die vor kurzem gestorben ist, hatte viel Verständnis für das Hobby ihres Mannes, das inzwischen das halbe Kellergeschoss ausfüllt. "Sie hat mich in den 60er Jahren sogar ermutigt, in einen freigewordenen Kellerraum eine Modellanlage (Spurweite HO) zu bauen." Daran darf jetzt noch der Enkel spielen, wenn er zu Besuch kommt.

Am Fahrpult seiner "großen Bahn", lässt sich Becker freilich nur ungern ablösen. "Es ist schon ein faszinierender Anblick, wenn sich die verschiedenen Wagen im Gleisdreick der Strecke begegnen", sagt Klaus Hoffmann leise, und "Wagenführer" Becker strahlt zufrieden.

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