Olympische Spiele in London: Dirk Schrade reitet um Gold

Gerade hat der Sprockhöveler Vielseitigkeitsreiter Dirk Schrade mit der Mannschaft den Nationenpreis beim CHIO Aachen gewonnen — jetzt wartet Olympia.

Haßlinghausen. Der eigentliche Star am Hermessiepen mag Karotten und einen Schluck aus der Wasserleitung. Am vergangenen Wochenende ist King Artus mit der Goldschleife am Kopf durch das große Stadion in der Aachener Soers galoppiert: Mannschaftssieg in der Vielseitigkeit. „Danach gab’s für ihn erstmal zwei Tage Pause“, sagt sein Reiter Dirk Schrade. In der Hand Kaffee und Zigarette, lässt der Sprockhöveler den CHIO, das Weltfest des Pferdesports, Revue passieren. „King Artus hat in der Dressur eine solide Leistung gezeigt. Beim Springen hat ihn das große Stadion abgelenkt, wir hatten einen Fehler“, sagt Schrade. „Im Gelände war er gewohnt super und schnell unterwegs.“

Auch mit seinem zweiten Toppferd, dem englischen Wallach Hop and Skip, ist der 34-Jährige zufrieden. „Nur die Dressur ist nicht seine Stärke.“ Am Ende des großen Turniers belegte er mit dem braunen Holsteiner-Wallach King Artus Platz 7 in der Einzelwertung, und auch mit Hop and Skip reichte es noch für eine Platzierung. Zusammen mit Ingrid Klimke, Michael Jung und Sandra Auffarth konnte er in der Mannschaftswertung ganz nach oben aufs Treppchen steigen.

Beim Fototermin mit der WZ spitzt King Artus freundlich die Ohren — nur das Stillstehen scheint nicht seine Sache zu sein. „Hoo“, raunt Schrade, legt dem großen Wallach beruhigend die Hand auf den Nasenrücken. Seit viereinhalb Jahren sind die beiden ein Team. „King hat seine Besonderheiten“, sagt Schrade: „Er ist ein sensibles Pferd, schüchtern, in sich gekehrt. Ich muss in Ruhe mit ihm arbeiten, dann blüht er auf.“

Mit 16 Jahren gehört King Artus bereits zur älteren Generation im Stall. „Das ist in der Vielseitigkeit nicht ungewöhnlich. Der Ausbildungsweg ist länger“, sagt Schrade. Die Gesunderhaltung stehe dabei an vorderster Stelle, deshalb seien die Pferde länger im Sport als in der reinen Dressur oder im Springen. Auf die vielen festen Hindernisse angesprochen, die nicht umkippen, wenn ein Pferd sie berührt, schmunzelt der Profi: „Das sieht schlimmer aus, als es ist. Sicher passieren Stürze. Aber bei den wenigsten verletzen sich die Pferde.“

Über Hindernisse zu springen, bei denen dem Zuschauer der Atem stockt, gehört für Dirk Schrade einfach dazu: Er ist mit dem Sport groß geworden. „Mit 13 Jahren bin ich mein erstes Vielseitigkeitspony geritten. Meine Familie ist geprägt von Pferden“, sagt er und erinnert sich an seine Kindheit auf der schwäbischen Alb. „Ich bin in Gormardingen aufgewachsen, in der Nähe des Landgestüts Marbach.“ Damals war der Neuseeländer Mark Todd sein Vorbild — mittlerweile reitet er gegen ihn.

Rund 30 Pferde stehen heute in Schrades Stall in Haßlinghausen, jedes wird täglich von ihm oder einer Angestellten bewegt. Erste Priorität haben King Artus und Hop and Skip. „Wenn man im Spitzensport reiten will, muss man sich für seine Spitzenpferde Zeit nehmen. Ich hänge auch an den jungen Pferden, aber die beiden sind mir ans Herz gewachsen“, sagt Schrade. „Die Turniere nehmen viel Zeit in Anspruch, das beißt sich ein bisschen mit dem Betrieb. Aber das ist es mir wert, der Sport steht an erster Stelle.“

Viel Zeit für anderes ist deshalb nicht im Leben des Reiters. „Ich würde gern öfter Speedboot oder Quad fahren. Aber meist falle ich abends tot ins Bett“, sagt Schrade und lacht — es scheint nicht so, als würde er etwas ändern wollen.

Sein nächstes Ziel steht kurz bevor: In neun Tagen fliegt er mit der deutschen Mannschaft nach London. „Olympia ist das größte, was man erreichen kann“, sagt Schrade. Mit welchem Pferd er startet, wird in der kommenden Woche beim Teamtraining in Bonn entschieden. Schrade: „Die Anlage am Greenwich Park in London ist eng und windig. Das würde Hop and Skip leichter fallen, er ist kleiner und wendiger. Ihm fehlt aber das Bewegungspotenzial in der Dressur.“ So oder so ist der Sprockhöveler optimistisch: „Die Mannschaft ist sehr gut. Das Ziel ist eine Medaille — und ich meine, das ist ein realistisches Ziel.“

“ Die WZ bleibt dran und berichtet über Dirk Schrades Erlebnisse in London.

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