Eine Spätstarterin im Judo auf Erfolgskurs

Andrea Haarmann holte mit 50 Jahren EM- und WM-Gold. Angefangen mit ihrem Sport hat sie erst als 17-Jährige.

Eine Spätstarterin im Judo auf Erfolgskurs
Foto: Stefan Fries

Sprockhövel. Andrea Haarmann kann mit dem zurückliegenden Jahr mehr als zufrieden sein, trotzdem gibt sie sich bei der Einschätzung für 2014 bescheiden. „Das war schon ein recht erfolgreiches Jahr für mich“, sagt die erfahrene Judosportlerin. „Recht erfolgreich“ heißt in diesem Fall, dass die 50-Jährige sowohl amtierende Welt- wie Europameisterin in ihrer Alters- und Gewichtsklasse (bis 70 Kilogramm) ist. Den EM-Titel holte sie sich in Prag, den WM-Titel errang sie Ende September bei der Veteranen-Weltmeisterschaft der Judoka im südspanischen Malaga.

Andrea Haarmann

Eine beachtliche Titelsammlung — vor allem wenn man berücksichtigt, dass die damals noch in Hagen lebende Haarmann erst als Jugendliche mit 17 Jahren zum Judo gekommen war. „Eigentlich wollte ich das schon früher machen, aber mein Vater hatte etwas dagegen. Da bin ich dann später zum Judo gekommen, als ich das Training selbst bezahlen konnte“, erinnert sich die 50-Jährige.

Für den Judoklub Hagen tritt sie bis heute auf die Matte, zudem ist sie seit einigen Jahren Trainerin für den Judonachwuchs bei der TSG Sprockhövel. Mittlerweile hat sie den 5. Dan des Schwarzgurtes erreicht. Zudem hat die zweifache Mutter einen schwarzen Gürtel in Taekwon-Do und einen blauen Gürtel im Jiu-Jitsu.

An Judo habe sie gereizt, dass es ein Sport ist, bei dem „ich mich auspowern kann“, erzählt sie. Und auch die Wettkämpfe hätten ihr stets Spaß gemacht. „Ich habe als Anfängerin schon nach vier Wochen Training meine ersten Kämpfe absolviert“, sagt sie. Und da sie mehrere Geschwister hatte, war Erfahrung im Nahkampf auch durchaus willkommen.

Bei der Veteranen-Weltmeisterschaft vor einigen Monaten konnte Haarmann in zwei Kämpfen die Gegnerinnen mit einer Kontertechnik überrumpeln. Das ist eine ihrer Spezialitäten, dennoch hänge ihre Taktik stets davon ab, „wie intensiv der Gegner ist“. Deshalb halte sie sich alle Optionen offen: „Ich greife gerne an, aber ich mache auch gerne Kontertechniken.“ Ihre beliebtesten Techniken sind der Talfallzug (Tani-Otoshi) oder der Ausheber (Ura-Nage). Bei sehr defensiv ausgerichteten Gegnern können mitunter auch Bestrafungen über den Sieg entscheiden.

Im Januar steht schon der nächste Wettkampf an: Gemeinsam mit ihrer Tochter Désirée startet sie bei einem Mannschaftswettbewerb in Belgien. Und auch ihren Sohn Fabrice hat sie schon mit dem Judo-Virus infiziert. „Die treten so langsam in meine Fußstapfen“, freut sie sich.

Wie lange sie selbst den „sanften Weg“ (so die deutsche Übersetzung für „Judo“) gehen wird, kann Haarmann derzeit nicht sagen. „Solange es gesundheitlich geht, mache ich weiter“, betont sie. Der „Spaßfaktor“ sei entscheidend. Und schließlich kann auch im Seniorenalter noch geworfen und gefallen werden: „Ich habe schon Kämpfe von Über-70-Jährigen gesehen, die waren echt schön“, sagt sie.

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