Kriegsende in Herzkamp: Ein Zeitzeuge erinnert sich

Nach 67 Jahren machte sich Hans Teervooren auf die Suche nach der Hütte, in der er einst unterkam.

Herzkamp. Eine Zeitreise in das Jahr 1945 ist nur mit Hilfe von Erinnerungen möglich. Erzählungen, Geschichtsbücher und Filme helfen, dabei Fakten zu erfahren. Zwischenmenschliches und Gefühle bleiben dabei jedoch außen vor. Der Zeitzeuge Hans Teervooren berichtete am Sonntag im Herzkamper Schützenhaus bei einem Erzählcafé des Bürgervereins über seine Erlebnisse im Dritten Reich. Erlebnisse, die sogar vor Ort in Herzkamp geschahen.

Als 15-Jähriger wartete er am Felderbach bei dem bekannten Herzkamper Ehepaar Kugel auf das Ende des Krieges und versteckte sich vor den Amerikanern. „Als junger Pimpf habe ich ja geglaubt, wir hätten noch eine Geheimwaffe und würden den Krieg gewinnen.“ Er war als Hitlerjunge im Volkssturm und musste die letzten Tage des Krieges seinem Vaterland dienen. „Wir waren so erzogen“, sagt er.

Nach Herzkamp kam er aus dem Ruhrkessel — auf der Flucht vor den Alliierten. „Bei unserer Flucht sind wir von Dönberg über eine Allee nach Herzkamp gelaufen.“ Bei der Familie Kugel konnte er Unterschlupf finden. Hatte ein Bett aus Stroh im Stall, welches aber voller Läuse war. „Diese Gastfreundschaft der Frau Kugel war aber unglaublich. Sie hat mich nicht nach meiner Herkunft gefragt. Sie war eine richtige Mama“, erzählt der 83-Jährige.

An diesem Wochenende ist Hans Teervooren mit seiner Familie zu der Hütte der Familie Kugel zurückgekehrt. „Ich musste dort noch einmal hin. Mich bedanken“, sagt er. Die Suche nach dem Ort stellte sich als schwierig heraus. Eine Hütte auf einer Anhöhe, an einem Bach mit Blick auf zwei Bauernhöfe, war die einzige Erinnerung von Teervooren. Im Frühjahr war die Suche missglückt. Der Herzkamper Kurt Becker konnte sich aber an einen ähnlichen Ort erinnern. „Mein Vater war die Tage so nervös. Ich habe mir gewünscht, dass er die Stelle findet“, sagt sein Sohn Stefan Teervooren.

Nach 67 Jahren ließ die Zeit den Ort anders aussehen. Aber die Stelle am Felderbach, wo Hans Teervoren immer saß und auf das Ende des Krieges wartete, konnte er wiedererkennen. „Ich hatte Tränen in den Augen und habe ein kleines Gebet für Frau und Herrn Kugel gesprochen.“

Tränen hatten auch viele Zuhörer in den Augen. Hans Teervoorens lebendige Erzählart hat jeden mitfühlen lassen. Die einen erinnerten sich an ihre eigenen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg — die Jüngeren konnten ihre Großeltern- oder Elterngeneration ein Stück besser verstehen.

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