Untreue: Mehr als drei Jahre Haft für die Hauptangeklagten

Wegen des hohen Schadens sieht das Landgericht Hagen keine Chance für Bewährungsstrafe.

Sprockhövel/Hagen. Im Prozess gegen zwei ehemalige Mitarbeiterinnen des Jobcenters EN, darunter eine Sprockhövelerin, und zwei Familienangehörige hat das Landgericht Hagen nach sieben Verhandlungstagen am Mittwoch das Urteil gesprochen.

Die bis zuletzt alles abstreitende Angeklagte verurteilte das Gericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die geständige Angeklagte zu drei Jahren und sechs Monaten Haft. Für ihren Ehemann lautet das Urteil zwei Jahre und sechs Monate Haft, für den Sohn Freispruch.

Den beiden Hauptangeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen ihrer Tätigkeit, zu der die Auszahlung bewilligter Zuschüsse an Unternehmen gehörte, über einen Zeitraum von mehreren Jahren insgesamt mehrere hunderttausend Euro auf eigene Konten abgezweigt zu haben (die WZ berichtete).

Zum Ende der Beweisaufnahme reduzierte das Gericht in einem rechtlichen Hinweis die Zahl der Taten von ursprünglich mehr als 400 auf noch 135 Fälle, in denen allerdings teilweise gleich mehrere falsche Überweisungen getätigt worden sein sollen. Die Höhe des Gesamtschadens, den die Staatsanwaltschaft letztlich auf rund 520 000 Euro bezifferte, bleibt dadurch unverändert.

In seinem eineinhalbstündigen Plädoyer warf Oberstaatsanwalt Ulrich Hettwer den beiden Hauptangeklagten gemeinschaftlich begangene Untreue vor, die aufgrund der Schadenshöhe als besonders schwerer Fall zu werten sei.

Nach einem erfolgreichen ersten „Sündenfall“ im Frühjahr 2007 hätten sich die beiden Mitarbeiterinnen verabredet, immer wieder falsche Überweisungen durchzuführen. Dabei habe man eine Aufteilung des auf diese Weise erlangten Geldes im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel abgesprochen, so der Anklagevertreter.

Das Abzweigen der Gelder sei dadurch erleichtert worden, dass die im Jobcenter eingesetzten Computerprogramme umfangreiche Manipulationsmöglichkeiten boten und keine Kontrollmechanismen vorsahen. Auch eine anderweitige Kontrolle, etwa durch Vorgesetzte, erfolgte nicht.

Angesichts der Tatsache, dass eine der beiden Angeklagten jede Tatbeteiligung bis zuletzt abstritt, die Sprockhövelerin im Laufe des Verfahrens aber sehr detailliert ausgesagt und dabei auch ihren Ehemann belastet hatte, differenzierte die Anklage die Vorwürfe sehr deutlich.

Während die Staatsanwaltschaft der geständigen Angeklagten hohe Glaubwürdigkeit zusprach, stellte sie hinsichtlich der Aussagen der zweiten Angeklagten fest: „Das kann so nicht gewesen sein“.

Im Ergebnis forderte der Staatsanwalt für die Sprockhövelerin eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, für ihre ehemalige Kollegin von vier Jahren und vier Monaten. Für den wegen Beihilfe zur Untreue angeklagten Ehemann, der einerseits Konten für die Überweisungen eröffnet, andererseits die Anteile an die zweite Angeklagte ausgezahlt haben soll, beantragte er eine Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Angesichts bestehender Unklarheiten, ob der mitangeklagte Sohn der Familie möglicherweise ahnungslos war, beantragte er einen Freispruch.

Angesichts der Mitwirkung ihrer Mandanten im Prozess zeigten sich die Anwälte der geständigen Angeklagten über die Anträge sehr erstaunt. Sie baten das Gericht darum, die Strafen niedriger zu bemessen und zur Bewährung auszusetzen. Die Anwälte der zweiten Angeklagten forderten einen Freispruch, da gravierende Zweifel an den Aussagen der anderen Familie bestünden.

In ihrem Urteil schloss sich die Strafkammer grundsätzlich der Sicht der Staatsanwaltschaft an, sprach aber geringere Strafen aus. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Eine Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.

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