Vieh- und Fahrzeugwaage: Ein Relikt aus vergangenen Zeiten

Die alte Waage an der Hauptstraße ist längst nicht mehr in Betrieb, war einst aber ein gefragtes Angebot.

Niedersprockhövel. „Bei achsweisem Wägen, sowie beim Wägen von nicht abgekuppelten Fahrzeugen, darf keine Achse auf der geneigten Auffahrtstrecke stehen“, steht in ausgeblichenen Buchstaben auf einem Hinweisschild am Haus Nummer 51 an der Hauptstraße. Es weist auf eine frühere Fahrzeug- und Viehwaage hin, die sich noch heute dort befindet. Nicht nur Tiere wurden dort gewogen, sondern auch jegliche Art von Fahrzeugen, deren einzelne Achsgewichte ermittelt und das Gesamtgewicht aufsummiert werden konnten. Danach war die Waage wieder bereit für die nächste Wiegung.

Dass dieses Haus auch beispielhaft für die städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung Sprockhövels steht, wird hier eindrucksvoll untermauert. Denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts lagen die Produktionsanlagen, die sich häufig in einem dicht besiedelten Ortskern befanden, in unmittelbarer Nähe zu den Wohnhäusern. Die seinerzeit kleinräumige Tankstelle, die in die Wohnviertel integriert und in ihrer Erscheinungsform nur schwer als Produktions- und Vertriebsstätte auszumachen war, ist ein weiteres Zeugnis für die rasante Entwicklung des Verkehrs- und Transportwesens im vergangenen Jahrhundert.

So beherbergte das Haus Nummer 51 neben einer Werkstatt und einer Fahrschule zwischenzeitlich auch eine Gaststätte, die schließlich im Jahr 1858 Gründungsstube für den Bürger- und Gesangsverein Sprockhövel war. Der Betrieb derartige Gasthäuser war an der belebten ehemaligen „Herzkamp-Crengeldanzer Chaussee“ charakteristisch.

„Mich fasziniert, dass schon damals im Ortskern alles war, was man brauchte — eben ein richtiger kleiner Kosmos“, sagt die Stadtarchivarin Karin Hockamp.

In diesem geschichtsträchtigen Haus befand sich einst auch die Feilenhauerei Johann Heinrich Schaub, gegründet im Jahr 1825, die als handwerklich betriebener Kleineisenbetrieb später der motorisierten Industriegesellschaft weichen musste. Schaubs Enkel heiratete dann 1882 Emma Stuckmann, Tochter des Gastwirtes und Anstreichers August Stuckmann. Gemeinsam betrieben sie die Feilenhauerei und Gastwirtschaft bis 1922 an der Hauptstraße 51.

Heute befindet sich an der Hauptstraße 51 die Fahrschule Lindemann, die Fahrzeug- und Viehwaage erinnert jedoch immer noch an beschaulichere Zeiten.

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