Bessere Medizin: Wuppertaler Ärztin berät Bundesregierung

Professor Petra Thürmann ist neues Mitglied im „Rat der Weisen“. Sie wünscht sich unter anderem, dass medizinische Berufe attraktiver werden.

Frau Professor Thürmann, Sie sind gerade vom Bundesgesundheitsminister in den „Rat der Weisen“ für das Gesundheitswesen (s. Kasten) berufen worden. Wie haben Sie es in den Sachverständigenrat geschafft?

Petra Thürmann: Ich gehe davon aus, dass jemand aus der Pharmakologie gesucht wurde. Es gibt nicht so viele Fachleute für diesen Bereich. Außerdem sind viele Pharmakologen in der Industrie tätig und kämen von daher nicht infrage. Ich bringe einige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Ministerien mit, unter anderem war ich 2002 Mitglied in der Kommission, die eine Arzneimittel-Positivliste erarbeitet hat. Vergangenes Jahr hat mein Forscherteam die sogenannte Priscus-Liste vorgestellt. Die Liste führt potenziell gefährliche Medikamente für ältere Menschen auf und soll Ärzten als Orientierung dienen. So etwas hat es in Deutschland zuvor noch nicht gegeben. Das verschafft einen gewissen Bekanntheitsgrad. Hinzu kommt, dass ich bereits mit einigen Mitgliedern des Sachverständigenrats zusammengearbeitet habe.

Sie sind Teil eines siebenköpfigen Gremiums. Haben Sie einen speziellen Aufgabenbereich?

Thürmann: Das Gremium ist interdisziplinär zusammengesetzt. Es besteht aktuell aus drei Ärzten, einer Pflegewissenschaftlerin, zwei Ökonomen und einem Juristen. Unsere Aufgabe ist es, das Gesundheitsministerium zu beraten. Dabei bringt jeder seine speziellen Kompetenzen ein — im Bereich der Arzneimittel, der Pflege oder was juristische Fragen angeht. Aktuell beschäftigen wir uns noch mit einem Thema des ehemaligen Gesundheitsministers Philipp Rösler. Dabei geht es um Schnittstellen im Gesundheitswesen, etwa zwischen Ambulanz und Krankenhaus.

Welcher Aspekt liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?

Thürmann: Bei der Arzneimittelvergabe muss die Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Bereich besser funktionieren. An der Schnittstelle zwischen Hausarzt, Krankenhaus und Heim gibt es einiges zu tun. Eine elektronische Patientenakte, auf die alle zugreifen können, wäre ein Qualitätsmerkmal. Außerdem müssen wir uns fragen, wie die Ausbildung von Pflegekräften verändert werden kann, damit sie auch andere Aufgaben übernehmen, etwa die Vergabe von Medikamenten. Mit speziell geschulten Altenpflegern müssten wir uns weniger Gedanken um einen Bruch in der Patientenversorgung machen. Ähnlich sieht es bei den Apothekern aus: Mit dem Wissen aus ihrem Studium könnten sie viel mehr Aufgaben übernehmen als bisher. Das ist auch vor dem demografischen Wandel und dem Mangel an Fachkräften ein großes Thema. Grundsätzlich müssen wir Ressourcen besser verteilen und die Berufe attraktiver machen.

Werden Sie trotz Ihrer neuen Aufgabe in Wuppertal und an der Uni Witten/Herdecke präsent bleiben?

Thürmann: Ich bin mindestens einmal im Monat in Berlin. Ansonsten funktioniert die Arbeit für das Gremium per Mail und Telefon. Meine anderen Projekte werde ich weiter betreuen. Etwa die Forschung zum Thema Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen und wie dort die Komplikationsrate reduziert werden kann. Die Arbeit für Berlin bedeutet kein Ausstieg aus Klinikum oder Uni. Einige meiner Aufgaben werde ich sicherlich an kompetente Kollegen übergeben müssen.

Wie groß ist der Einfluss des Sachverständigenrates?

Thürmann: Einige Aspekte aus den Gutachten werden vom Gesetzgeber aufgegriffen. Beispielsweise in der Vergangenheit die Empfehlungen zur Kassenwahlfreiheit, die Verbesserung der Versorgung Demenzkranker oder der Ausbau von Präventions- und Rehabilitationsleistungen. Wenn ich nicht an den Einfluss glauben würde, dann hätte ich die Aufgabe nicht übernommen. Ministerien, Krankenkassen sowie die Parteien und Abgeordneten befassen sich mit den Gutachten.

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