Das Betreuungsgeld hat im Tal kaum Fürsprecher

Kritiker befürchten negative Effekte für besonders förderungsbedürftige Kinder.

Wuppertal. Betreuungsgeld oder Kita — was hilft den Kindern? Diese Frage spaltet derzeit nicht nur die Bundespolitik, sondern ebenso Experten wie Wahlvolk in Wuppertal. Das zeigte am Donnerstagabend eine Diskussionsrunde in der Färberei, zu der die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) in der Wuppertaler SPD eingeladen hatte.

Knapp 100 Besucher waren gekommen — und spendeten etwa Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) Applaus, als der feststellte: „Die Leute wollen die Kinder in die Kindergärten bringen. Es prägt die Kinder und sie entwickeln sich besser.“ Neben Kühn saß unter anderem Charlotte Röhner, Pädagogik-Professorin an der Bergischen Uni, auf dem Podium.

Röhner gab der Diskussion die ersten Impulse. So trug sie vor, dass vor allem sozial schwache und Migrantenfamilien das Betreuungsgeld nutzen würden — wie Studien aus skandinavischen Ländern, in denen es das Betreuungsgeld schon gibt, zeigten. Deswegen stehe dort das Betreuungsgeld bereits wieder vor der Abschaffung. Insgesamt stand die Pädagogin daher dem Betreuungsgeld kritisch gegenüber.

Auf dem Podium war sie damit nicht allein — sowohl Diakonie-Direktor Martin Hamburger als auch Matthias Greiling vom Jugendamts-Elternbeirat und Charlotte Röhner sprachen gegen das Lieblings-Vorhaben von CSU-Chef Horst Seehofer.

„Es kann doch nicht gut für die Kinder sein, wenn viele vor dem Fernseher geparkt werden, weil die Eltern 100 Euro mehr haben möchten“, sagte Greiling unter dem Applaus der meisten Besucher. Kühn ergänzte: „Wir können auch die Strukturen in Baden-Württemberg oder Düsseldorf nicht mit der Sozialstruktur in Wuppertal vergleichen.“ 60 Prozent der Kinder lebten hier in Familien, die finanziell nicht gut dastünden auf Förderung in Kitas angewiesen seien.

Dagegen hielt, neben einigen Besuchern, nur Dorothea Böhm vom Familiennetzwerk. Sie ist für das Betreuungsgeld: „Aus medizinischer Sicht geraten die Kinder in den Kindertagesstätten in Stress, der sie in ihrer Entwicklung stört und dem sie in der Betreuung der Eltern nicht ausgesetzt sind.“ Zudem benötigten die Kindern Bindung und Liebe — und die bekämen sie nun einmal nicht im Kindergarten.

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