Das Opernglas des Theologen

Professor Claus-Dieter Osthövener spricht über Richard Wagners Götter und Menschen.

Das Opernglas des Theologen
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Wagnerklänge in der Elberfelder Citykirche? Die Vortragsreihe Unital machte es möglich, dass Wagners Götter zumindest für einen Abend Einzug in einem Gotteshaus halten durften. Professor Claus-Dieter Osthövener näherte sich Wagners Götterwelten aus dem ungewöhnlichen Blickwinkel des Theologen — was seinen Zuhörern in der Citykirche einen informativen und spannenden Abend bescherte.

Zum Erfolg trugen Pfarrer Erhard Ufermann und sein Team bei, die technische Voraussetzungen dafür geschaffen hatten, dass der Vortrag den Osthövener, Inhaber des Lehrstuhls für systematische Theologie an der Bergischen Universität, durch Bild und Ton aus Wagner-Opern ergänzt werden konnte.

Osthövener konzentrierte das Opernglas des Theologen auf das Hauptwerk Wagners, den Ring des Nibelungen. 25 Jahre seines Lebens habe sich sich Wagner damit beschäftigt, nachdem er sich zuvor als liberaler Freigeist gegen weltliche Autoritäten aufgelehnt hatte, „um die Entfremdungen“ des Menschseins zu überwinden.“ Wagner wurde von der Polizei per Steckbrief als „politisch gefährliches Individuum“ gesucht und flüchtete in die Schweiz. Er forderte die Freiheit des Menschen — auch von den Zwängen des Glaubens und wollte als Künstler die Gesellschaft neu und besser formen.

Die Entwicklung Brünnhildes im Ring beschrieb Osthövener als den Wandel hin „zum exemplarischen Menschen“. Und mit einem Seitenverweis auf modernere Fantasy-Welten, sagte er: Tolkien, Verfassers des Herrn der Ringe, hat Wagner gehasst und jede Verbindung zwischen den beiden Werken abgestritten.

In den Mittelpunkt seines Vortrages stellte Osthövener Brünnhilde. Die sei darüber erschrocken, dass sich Siegmund nicht um die Heldenerverehrung und die Verlockungen Walhalls scherte und habe menschliche Gefühle gezeigt. Am Ende der Götterdämmerung betrauere sie Siegfried mit den Worten: „Ruhe, Ruhe, du Gott.“ „Damit ist die Ruhe vor Leid und Vergänglichkeit gemeint — eine Ruhe für die Götter“, beschreibt Professor Osthövener Wagners Gegenentwurf zur christlichen Lehre. . Die Götter gehen unter, die Menschen sterben — aber die Menschheit bestehe fort. Das sei die Kernaussage von Richard Wagners Utopie des Menschen.

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