Die Zivis sind weg — wo bleiben die Freiwilligen?

Ab dem Sommer sollen die Männer durch Freiwillige ersetzt werden. Darauf setzen die Träger aber vorerst lieber noch nicht.

Wuppertal. Es ist amtlich. Am 24. März hat der Bundestag das Gesetz verabschiedet, das den künftigen Bundes-Freiwilligendienst (BFD) regeln soll. Da mit der Abschaffung der Wehrpflicht auch der Zivildienst hinfällig geworden ist, soll der BFD diese Lücke schließen. Oder zumindest dabei helfen — als Ergänzung zum bestehenden Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ). Auf den BFD will sich in Wuppertal aber anscheinend niemand so recht verlassen. In der offiziellen Börse im Internet bieten lediglich der Malteser Hilfsdienst und die Johanniter Stellen an.

„Aus unserer Sicht ist das neue System unausgegoren und halbherzig“, sagt Caritas-Direktor Christoph Humburg. Das alte System sei abgeschafft worden, ohne dass das neue ausreichend etabliert sei. Für die sozialen Einrichtungen in Wuppertal bedeuten die neuen Tatsachen daher einen doppelten Kraftakt: Das Zivi-Loch muss gestopft, gleichzeitig die Werbetrommel für das FSJ gerührt werden. „Der Wegfall des Zivildienstes ist ein riesiges Problem“, sagt Humburg. „Wir müssen nachrüsten und voraussichtlich mehr geringfügig Beschäftigte einstellen.“

Dabei gehe es nicht darum, dass der Betrieb ohne Zivis nicht aufrecht erhalten werden könnte. „Die Lücke entsteht bei den zusätzlichen Leistungen, die die jungen Männer erbracht haben.“ Zeit für Gespräche mit Altenheimbewohnern, Unterstützung des festen Personals — Dinge, die die Qualität der Arbeit aufgewertet haben, findet Humburg. All das falle nun weg.

Das indes sehen nicht alle so. „Wir haben uns früh auf die neue Lage eingestellt“, sagt Michael Neumann, Ausbildungsleiter bei den Wuppertaler Johannitern. Er setzt auf das FSJ: „Bisher haben wir ausreichend Anfragen.“ Vom BFD hält er momentan noch Abstand. „Da gibt es enorme Informationsdefizite“, sagt er. „Wir haben keine Planungssicherheit.“

Ulrich Renziehausen, Betriebsleiter der städtischen Alten- und Pflegeheime, hat nie so richtig auf Zivis gesetzt. In den sieben Einrichtungen wurde jeweils einer beschäftigt. „Wir wollen vor allem gut ausgebildete Leute — das war bei einem sechsmonatigen Zivildienst kaum zu machen.“ Im Übrigen sei die ganze Struktur seiner Häuser nicht auf Zivis ausgerichtet gewesen.

Ähnlich argumentiert Michael Hartmann, Einrichtungsleiter der Diakonie-Pflegezentren Kasinostraße und Haus Hardt. „Wir haben früh begonnen, Zivi-Stellen gar nicht mehr zu besetzen“, sagt er. Spürbar sei die Lücke bei der Diakonie nur im Reformierten Gemeindestift, wo Zivis vor allem Essen ausgefahren hätten. „Aber wir hatten schon immer viele Ehrenamtler, die sich jetzt vielleicht etwas dazu verdienen können.“

Genau das findet Christoph Humburg schwierig: „Das bürgerschaftliche Engagement wird doch in Frage gestellt, wenn die Ehrenamtler nun anfangen, sich ihre Arbeit über den BFD bezahlen zu lassen.“

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