Ein Bewerbungsvideo im Jobcenter ist kein Muss

Seit August bietet das Jobcenter Videodrehs an. Ein Wuppertaler berichtet, er sehe sich zum Videodreh gezwungen.

Ein Bewerbungsvideo im Jobcenter ist kein Muss
Foto: dpa

Wuppertal. Das Wuppertaler Jobcenter testet bei der Vermittlung der Bewerber neue Methoden. Im Rahmen der Kampagne „Die Einstellung macht’s“ werden seit August Bewerbungsvideos gedreht. Darin stellen sich die Arbeitssuchenden vor und erläutern ihre beruflichen und persönlichen Voraussetzungen. Anschließend wird das Video online gestellt.

Nicht jedem Bewerber gefällt diese Methode. „Aber als ich gesagt habe, dass ich das Video nicht drehen möchte, hat mein Berater mit einer Kürzung des Arbeitslosengeldes gedroht. Ich möchte nicht, dass mein Video im Internet zu sehen ist“, erklärt ein 32-jähriger Bewerber. Seinen Namen will er nicht nennen: „Beim Jobcenter ist man schnell auf der schwarzen Liste.“

Seit drei Jahren ist er auf der Suche nach einer neuen Stelle als Bestatter. „Mein Berater meint, meine Bewerbung sei zu langweilig und dröge. Aber in meiner Branche ist ein pietätvolles Auftreten besonders wichtig. Ich kann mich nicht mit bunten Mappen und Videos bewerben.“

Konkrete Verbesserungsvorschläge für die Bewerbung habe der Betreuer nicht genannt. Der 32-jährige sieht sich gezwungen, das Video zu drehen: „Das ist auf keinen Fall freiwillig. Das ist ein Muss.“

Hartmut Kies, Initiator des Projekts, klärt auf: „Hier liegt ein Missverständnis vor. Der Videodreh ist natürlich freiwillig.“ Als Teil der Vermittlungsoffensive sei der Videodreh ein Vorschlag neben anderen Angeboten.

Wie die Videos veröffentlicht werden, könnten die Bewerber selbst entscheiden. Wenn die Videos im Internet hochgeladen werden, kann man nur mit dem genauen Link darauf zugreifen. Die Bewerber der Filme auf den Seiten des Jobcenters haben der Veröffentlichung zugestimmt.

Bei Arbeitgebern kommen die Videos gut an: „Da kommt viel Persönlichkeit rüber, die Arbeitgeber finden das super“, berichtet Kies. Seit August wurden bereits rund 150 Gutscheine für die Bewerbungsvideos ausgegeben.

Zu den Kosten der Aktion will das Jobcenter sich nicht äußern: „Das ist Teil der Vertragsinhalte mit den Dienstleistern“, erklärt Andreas Kletzander aus dem Vorstand. Hartmut Kies sieht das Geld aber gut investiert: „Wir haben in diesem Jahr eine Integrationssteigerung von zehn Prozent.“

Der 32-jährige Bestatter sucht lieber ohne Bewerbungsvideo weiter. Das Missverständnis mit seinem Berater wurde inzwischen geklärt.

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