Fania Branzowskaja erzählt in jiddischer Sprache vom Holocaust

Am 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee war die Partisanin zu Gast in der Elberfelder City-Kirche.

Die ehemalige Partisanin und Zeitzeugin Fania Branzowskaja (l.).

Die ehemalige Partisanin und Zeitzeugin Fania Branzowskaja (l.).

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wuppertal. Selbst die Treppenstufen zur Empore der City-Kirche in Elberfeld waren voll besetzt, und alle lauschten gebannt und bewegt den Worten einer kleinen Frau aus Litauen: Fania Branzowskaja., Jüdin, 92 Jahre alt, eine der wenigen Überlebenden des Holocaust, die in jiddischer Sprache mit deutschen Einsprengseln von ihrer Zeit im Ghetto von Wilna (heute Vilnius) berichtete.

Die anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee eingeladene einstige Partisanin saß zusammen mit der Wuppertaler Musikerin Roswitha Dasch, die auch durch den eindrucksvollen Abend führte, und fünf Jugendlichen aus der zwölfköpfigen Gruppe, die im September vorigen Jahres das KZ besucht hatten. „WIR gegen das Vergessen“ nennt sich die Gruppe, deren Mitglieder an den Kirchenwänden ausgestellte Fotos aus dem Vernichtungslager ausgesucht und das in Auschwitz Gehörte und Gesehene fassungslos kommentiert hatten.

Fania Branzowskaja, deren Familienmitglieder durch die deutschen Besatzer umgekommen waren, war 1943 unmittelbar vor Liquidierung des Ghettos, gleichbedeutend mit der Ermordung der noch vorhandenen Bewohner, geflohen und hatte sich einer Widerstandsgruppe angeschlossen, die in den Wäldern von Vilnius operierte. Vital und mit erstaunlichem Temperament schilderte die heute noch im Jiddischen Institut der Universität Vilnius tätige Litauerin ihr Schicksal. Ihre nicht immer leicht verständlichen Ausführungen hinterließen ähnlich großen Eindruck wie die Einführungsworte von Roswitha Dasch, die zusammen mit Katharina Müther auch für die musikalische Gestaltung des Gedenkabends sorgte. Mit Violine und Akkordeon und glockenreinen Stimmen intonierten die beiden Künstlerinnen Lieder, die im Ghetto entstanden waren und Wehmut aber auch Lebenskraft ausdrückten.

„Weshalb bist Du so um uns Jugendliche bemüht?“, wurde die Zeitzeugin aus dem Kreis der Jugendgruppe gefragt. „Weil Ihr die Zukunft seid“, so die trotz des erlebten Leids lebensfroh wirkende Fania Branzowskaja unter dem stehenden Applaus der Besucher. Den Wunsch nach „Gesundheit und Frieden“ gab die liebenswerte Greisin den Anwesenden mit auf den Heimweg.

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