Forensik-Streit: Professor macht Vorschlag zur Bürgerbeteiligung

Wissenschaftler schlägt vor, zufällig ausgewählte Wuppertaler diskutieren zu lassen.

Wuppertal. In Wuppertal eine Forensik zu bauen — dieser Plan der NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens stößt auf heftigen Widerstand. Von der Landesregierung fühlen sich viele Wuppertaler übergangen, von Oberbürgermeister Jung nicht ausreichend informiert. Während Land und Kommune die Verantwortung jeweils der anderen politischen Instanz zuschreiben, fordern Wuppertals Bürger auf Demos und Versammlungen lautstark ein transparentes Verfahren und ein Mitspracherecht zu der Frage, ob und wo in Wuppertal eine Forensik gebaut werden soll. Ganz gleich jedoch, ob es sich um den möglichen Forensik-Standort Lichtscheid oder die Kleine Höhe handelt — kaum jemand möchte in der Nachbarschaft einer Forensik leben. Zugleich ist die prinzipielle Notwendigkeit von forensischen Einrichtungen unter den Bürgern kaum umstritten.

Auf festgefahrene Diskussionen dieser Art hat sich Professor Hans J. Lietzmann von der Uni Wuppertal spezialisiert. Der Politikwissenschaftler leitet dort seit 2007 die Forschungsstelle Bürgerbeteiligung. Hier erforscht man seit 1975 nicht nur bundesweit Bürgerbegehren, sondern entwickelt auch Verfahren, die es ermöglichen, Bürger konstruktiv an umstrittenen Entscheidungen zu beteiligen.

Auch im Hinblick auf die aktuelle Forensik-Diskussion hält Lietzmann ein Bürgerbeteiligungs-Verfahren für sehr erfolgversprechend. Land und Stadt bietet er an, die Bürger in diesem ergebnisoffenen Verfahren eigenständige Lösungsvorschläge entwickeln zu lassen.

Seine Erfahrung: Auch bei ausweglos erscheinenden Situationen fänden die Bürger sehr konstruktive und akzeptierte Lösungen. „Es entsteht ein gemeinsamer Blick, der nicht von Einzelinteressen geprägt ist“, erklärt Lietzmann. „Auch für Bürger, die eventuell später Nachteile haben, wird die Entscheidung nachvollziehbar.“

Um unbegründete Ängste auszuräumen und berechtigten Argumenten Raum zu geben, sollen die per Zufallsprinzip ausgewählten Wuppertaler Bürger zunächst die Gelegenheit haben, sich mit Experten auszutauschen. Anschließend sollen in Diskussionsrunden eigenständige Lösungen entwickelt werden.

Ob Rentner, Schüler, Migrantin oder Geschäftsmann — so unterschiedlich die beteiligten Bürger auch seien, erklärt Lietzmann, am Ende stellten sie meist einen überzeugenden Lösungsvorschlag vor. „Formell ist der zwar nicht verbindlich, aber informell kommt kaum ein Politiker daran vorbei.“

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