Gemüse-Connection: Attest für 1000 Euro?

Prozess am Amtsgericht: Ein Arzt aus Solingen soll gegen Geld falsche Atteste für illegal in Deutschland lebende Türken ausgestellt haben.

Wuppertal. Gemüse-Connection: Zwei Jahre lang beherrschte dieser Begriff immer wieder die Schlagzeilen. Es ging um die illegalen Geschäfte, die ein langjähriger Abteilungsleiter der Ausländerbehörde mit einem türkischen Gemüsehändler machte: Die beiden Männer verkauften im großen Stil Aufenthaltsgenehmigungen. 2010 wurden sie verurteilt. Der Händler bekam vier Jahre, der damals bereits gefeuerte Amtsrat vier Jahre und drei Monate Haft.

Am Donnerstag beschäftigte die Gemüse-Connection einmal mehr das Amtsgericht. Auf der Anklagebank musste sich ein türkischer Arzt aus Solingen verantworten. Der 55-Jährige soll den „Kunden“ der Gemüse-Connection Atteste geschrieben haben — gegen Bezahlung und obwohl die Patienten gar nicht krank waren. In vier Fällen soll der Arzt psychische Erkrankungen attestiert haben, die die Reiseunfähigkeit der Patienten begründeten. In einem Fall soll er 1000 Euro kassiert haben. Der Arzt — ihm droht der Entzug der Approbation — macht von seinem Schweigerecht Gebrauch.

Am Donnerstag wurde klar, woher die Staatsanwaltschaft ihre Informationen hat. Eine so genannte Vertrauensperson (V-Person) soll in der Praxis des Solinger Arztes als Lockvogel fungiert haben. Deckname der V-Person: Mehmet Aslan. Prompt wollte die Verteidigung mehr über diesen Gehilfen der Ermittler erfahren. Keine Chance. Das Innenministerium hält die Hand über den Lockvogel. Dafür traten zwei Kriminalbeamte in den Zeugenstand und berichteten, was Mehmet Aslan in der Praxis des angeklagten Arztes erlebt haben soll.

Demnach habe Aslan in der Arztpraxis klar zu verstehen gegeben, dass er nicht krank sei, das Attest aber dringend brauche. Die V-Person soll zudem die Geldübergabe zwischen einem Bruder des Gemüsehändlers — er soll als Mittelsmann vor Ort fungiert und kassiert haben — und dem Arzt gesehen haben. Ob es sich dabei tatsächlich um 1000 Euro handelte, habe er nicht sehen können. Allerdings war die V-Person vom LKA mit diesem Betrag — mithin Steuergeld — ausgestattet worden, um den Arzt zu überführen.

Auch die längst rechtskräftig verurteilten Hauptakteure der Gemüse-Connection wurden am Donnerstag als Zeugen gehört. Sowohl der Händler als auch der Amtsrat gaben an, nichts Konkretes über die Verbindung zu dem Arzt aus Solingen zu wissen.

Der ebenfalls bereits rechtskräftig verurteilte Bruder des Gemüsehändlers stritt gestern ab, als Kontaktmann fungiert und Provisionen kassiert zu haben. Seine Aussage wurde protokolliert. Den Mann erwartet jetzt ein Verfahren wegen des Verdachts der Falschaussage.

Zu einem Urteil kam das Gericht am Donnerstag noch nicht. Es müssen noch weitere Zeugen gehört werden. Der Prozess wird Mitte März fortgesetzt.

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