Kriminalität: Der Wuppertaler Drogen-Deal

Seit 2001 ist das "Gleis 1" eine Anlaufstelle für Wuppertaler Drogensüchtige. Der Polizei sind 2000 Personen bekannt, die so genannte harte Drogen konsumieren.

<strong>Wuppertal. Das Ende der realen Welt liegt in Wuppertal in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude am Döppersberg. Die Straße zum Haus ist eine Sackgasse. Dahinter liegen Bahngleise. Endstation? Nein. Für die Heroin-Junkies ist das Haus, das den Namen "Gleis 1" trägt, ein Hoffnungsschimmer, im besten Fall sogar ein Neuanfang. Dort ist es sauber, dort können sie ungestört ihre Drogen nehmen - mit neuen und sauberen Spritzen. Dort sitzt ein Sanitäter, der beim Desinfizieren hilft, im Notfall eingreifen kann. Wenn die Tür aufgeht, hört man stets ein "Hallo" zwischen Süchtigen und Personal. Man kennt sich, man duzt sich. Die irreale Welt eines Junkies ist am "Gleis 1" Alltag - seit 2001.

Abschied von der drogenfreien Gesellschaft

Eine drogenfreie Gesellschaft? Diese Zielperspektive "ist nicht mehr haltbar", heißt es nüchtern im aktuellen Bericht der Beratungsstelle für Drogenprobleme. Die Vorgaben sind längst neu definiert: Es gehe darum, die Gesundheit des Einzelnen zu erhalten, die Aids-Gefahr einzudämmen und gesellschaftliche Schäden gering zu halten, steht im Vereinsbericht geschrieben. So sieht nicht nur die Wuppertaler Drogen-Realität aus.

Seit Oktober 2003 ist Manfred Paxa für das Thema "geringe gesellschaftliche Schäden" zuständig. Damals wurde der heute 47-Jährige Chef der Wuppertaler Drogenfahnder. 25 Tatverdächtige gingen vor Paxas Dienstantritt pro Jahr in U-Haft. Seither werden mehr als 80 Haftbefehle pro Jahr vollstreckt.

Zahlen, die den Otto-Normal-Bürger erschauern lassen. Doch Cheffahnder Paxa ist die Ruhe selbst: "Wir wollen nicht die Krankheit bestrafen, sondern die Beschaffungskriminalität verhindern", sagt er.

Diebstähle, Autoaufbrüche, Hehlerei und im schlimmsten Fall Raubüberfälle. Zwei 14-Jährige aus Wuppertal kamen einst zusammen auf 170 Straftaten.

Zentrum: Wuppertal hat eine vergleichsweise kleine Drogenszene. Die Dealer versorgen sich im Ruhrgebiet oder in Düsseldorf. Zumeist sind das Männer vom Balkan, aus der Türkei oder aus Afrika. Laut Kripo sind sie zumeist nicht abhängig, nutzen die Not der Süchtigen aus.

Gleis 1: Träger von Gleis 1 ist der Freundes- und Förderkreis Suchtkrankenhilfe. 2006 wurden im Gleis 1 insgesamt 15 000 Heroineinnahmen gezählt. Geöffnet ist werktags von 10 bis 16 Uhr.

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