Die neue Impulsgeberin der Sinfoniker

Sie weiß die Schlüsselposition im Orchester zu schätzen: Olga Pogorelova ist Konzertmeisterin.

Wuppertal. Wer mit 36 Jahren schon seine zweite Stelle als Konzertmeisterin in einem A-Orchester innehat, muss gut sein. Olga Pogorelova, die seit dieser Saison im Sinfonieorchester Wuppertal für die reibungslose Kommunikation zwischen Dirigent und Orchester sorgen soll, bringt die Voraussetzungen mit.

Mit fünf Jahren begann die in der russischen Millionenstadt Woronesch Aufgewachsene mit dem Geigenspiel. „Mein Eltern waren beide Pianisten. Da war es ganz selbstverständlich, dass ich die Musik mit der Muttermilch aufgesogen habe“, erzählt die Geigerin mit den lebhaften Augen gestenreich und in perfektem Deutsch.

Dass sie mit 15 Jahren den Geigenvirtuosen, Komponisten und Pädagogen Wolfgang Marschner kennenlernte, bezeichnet sie als Glücksfall. 1991 gewann sie den von Marschner ins Leben gerufene Ludwig-Spohr-Wettbewerb und folgte ihm zum Studium an die Musikhochschule Freiburg.

Ein Gaststudium am Salzburger Mozarteum schloss sich genauso an wie weitere Studien an der Musikhochschule München bei Gottfried Schneider, wo sie ihre Abschlüsse in Geige und Bratsche mit dem Konzertexamen absolvierte.

Ein weiteres Aufbaustudium in Lyon und zwei Jahre an der Würzburger Philharmonie prägten die junge Geigerin ebenso wie die zehnjährige Anstellung als Konzertmeisterin beim Staatsorchester Darmstadt. „Ich hänge noch sehr an Darmstadt“, gesteht sie und verbringt arbeitsfreie Wochenenden noch gerne dort.

Dass sie nun in Wuppertal so freundlich und mit so viel Aufmerksamkeit aufgenommen wurde, hat Pogorelova erstaunt: „Ich habe das Gefühl, dass das Kulturleben hier auf einem hohen Niveau stattfindet und ich empfinde das rheinische, lockerere Lebensgefühl als sehr positiv.“ Auch für die Kollegen im Orchester hat sie nur Lob übrig.

Das Arbeiten mit dem Chef-Dirigenten und künstlerischen Leiter des Orchesters, Toshiyuki Kamioka, fordere sie, mache aber gleichzeitig großen Spaß: „Er ist immer unglaublich gut vorbereitet und setzt sich so ein, wie er es von uns auch verlangt. Das ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.“

Ihre Rolle beschreibt sie genau: „Ich genieße viel Vertrauen, muss Impulse geben, die Spielweise für die Streicher umsetzen, auch schon mal Ideen für Interpretationen liefern. Aber je besser der Dirigent ist, umso stärker kann ich mich zurücknehmen.“

Dass sie durchaus eine Führungsrolle innehat, ist ihr bewusst. Dennoch setzt sie auf ein respektvolles Miteinander: „Wenn Veränderungen nötig sind, ist es wichtig, dass wir sie gemeinsam angehen.“ Dass es ausgerechnet ihre Vorgängerin Gabriela Ijac war, die sie auf die Stelle in Wuppertal aufmerksam machte, war sicherlich ein Wink des Schicksals: „Wir haben uns bei einem Konzert in Norddeutschland getroffen. Da erzählte Frau Ijac davon, dass die Position in Wuppertal, die sie 35 Jahre lang innehatte, ausgeschrieben sei.“ Aber natürlich musste Pogorelova die Vorspiele anonym hinter dem Vorhang absolvieren, wie alle anderen Kandidaten auch.

Was sie noch an Wuppertal schätzt? „Die Education-Arbeit im Orchester, das aufgeschlossene und begeisterungsfähige Publikum, die traumhaft schöne Stadthalle, die inspirierende Umgebung des Briller Viertels, wo ich wohne, und die schöne Landschaft rund um Wuppertal, die ich mit dem Fahrrad erkunde.“

Und sie freut sich über die Arbeit im Opernhaus: „Da ist jeder Abend anders, man kommt nach vielen Stunden in eine Art Sog, das hat etwas sehr Meditatives.“

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