Ein Sieg über die Macht des Geldes

Ausverkauft: „Die Irre von Chaillot“ ist im Taltontheater gefeiert worden.

Ein Sieg über die Macht des Geldes
Foto: Taltontheater

Geld regiert die Welt. Die Herren der Aktiengesellschaft trinken Cognac und rauchen Zigarre, während die Angestellten schuften. Eine deutliche Anklage an die Macht des Geldes präsentiert das Taltontheater mit dem Stück „Die Irre von Chaillot“, das Jean Giraudoux in den 40er Jahren schrieb.

Sehr eindringlich gestaltet Theaterchef Jens Kalkhorst den Gegensatz zwischen den skrupellosen Herren mit grauen Anzügen und grauer Gesichtsfarbe und den einfachen Menschen, die in einem bunten Mix gekleidet sind. Mit traurigen, verängstigten Mienen geben die Armen am Anfang ihre bunten Jacketts ab und streifen stattdessen graue Westen über.

Ein ununterscheidbares Heer von Helfern huscht fortan über die Bühne, putzt und serviert — lauter von jeder Individualität entblößte Arbeiter, ganz wie es sich die Herren wünschen. Wie eine Aufzugtür gleitet eine silberne Platte zur Seite und lässt die Chefs elegant erscheinen und verschwinden, während die Putzenden durch die normale Tür hetzen (Bühne: Rüdiger Tepel).

Der fiese Plan der Herren, die von Ralf Poniewas, David Meister, Thomas Stratmann und Jens Kalkhorst selbst gespielt werden: Unter Paris soll sich Erdöl befinden. Um dieses zu fördern, soll der Stadtteil Chaillot dem Erdboden gleich gemacht werden. Die einzige, die sich ihnen entgegenstellt: die „Gräfin“, eine von allen Armen verehrte exzentrische Alte. Doris Hartmann verkörpert diese moralische Instanz mit wunderbar ausgefeilter Sprache und einem energischen Duktus. Obwohl sie sichtlich den Armen angehört — sie haust in einem heruntergekommenen Kellerloch — strahlt sie die Selbstsicherheit und Eleganz einer Dame aus. Und sie hat eine Idee, wie sie die Herren mit ihrer Gier nach Erdöl und Geld entsorgen kann.

Vorher jedoch holt sie sich noch die Zustimmung ihrer Freundinnen, die ähnlich verrückt wie sie sind: Tabea Schiefer, Sigrid Möllmer und Sarah Kocherscheidt sind in einen bunten Mix aus Tierfellen, Tüchern und asiatischen Seidenstoffen gekleidet, sprechen mit Hunden und eingebildeten Begleitern und gebärden sich überschäumend. In einem rechten Hexen-Sabbat verurteilen sie die Herren der Aktiengesellschaft zum Tod.

Und so erscheint die Welt am Ende wieder voller Farben, freudig werfen die ehemals grauen Helfer bunte Gegenstände durcheinander und feiern ihre Befreiung.

In der ausverkauften Premiere gab es beeindruckten Applaus für die Regie-Leistung und das hervorragende Ensemble.

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