Großes Kino im kleinen Hinterhof

Mark Tykwer über sein Open-Air-Festival Talflimmern, seine Film-Favoriten und geräuscharme Snacks.

Großes Kino im kleinen Hinterhof
Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. „Alles ist so chaotisch wie immer“, fasst Mark Tykwer die Vorbereitungen für das 18. Open-Air-Filmfestival Talflimmern zusammen, das am Freitag anfängt. Mit seinem Kompagnon Mark Rieder arbeitet er derzeit bis in die Nacht, transportiert etwa 199 Stühle zur Alten Feuerwache an der Gathe 6, schleppt, organisiert, regelt.

„Eigentlich ist das eine total unwahrscheinliche Veranstaltung“, sagt er, weil man für Open-Air im Bergischen einen wirklich dicken Nerv haben muss. Doch Talflimmern steht ohne öffentliche Förderung „mittlerweile sicher auf eigenen Füßen. Es trägt sich selbst, seit mehr als zehn Jahren haben wir keine roten Zahlen mehr geschrieben“.

Und was ist mit dem Wetter? „Das Wetter, das Wetter — am Freitag wird das Wetter gut“, überlegt er sich. „Wenn nicht: Wofür haben wir die Überdachung aus Planen?“

Herr Tykwer, wie kommt es, dass Sie „Taxi Teheran“, den Bären-Gewinner der Berlinale, als Preview am 18. Juli zeigen können?

Mark Tykwer: Das war kein großer Akt, sondern hat sich im Gespräch mit dem Verleiher ergeben. Mir gefielen die beiden Filme nicht, die er mir angeboten hatte, und so sind wir darauf gekommen. Der Film ist großartig. Regisseur Jafar Panahi, der wegen seines Berufsverbotes tatsächlich als Taxifahrer jobbt, zeigt die sehr widersprüchliche, aber auch relativ offene Gesellschaft im Iran.

Welches sind Ihre Favoriten?

Tykwer: „Timbuktu“ am 23. Juli — tolles Erzählkino über eine Tuaregfamilie, die von erbarmungslosen Dschihadisten überrannt wird. Das ist starkes, originär afrikanisches Kino ohne europäische Brille. Künstlerisch ist mein Favorit der Wirtschaftsthriller „A most violent year“ (7. August). Da versucht ein Ölhändler in New York, sich mit ehrlichen Methoden im Geschäft zu behaupten, scheitert aber an den Mechanismen des Kapitalismus. Der Film von J. C. Chandor ist auch ästhetisch toll. Und „B-Movie“ (2. Juli) kann man nur jedem empfehlen, der in den 80ern in Berlin war.

Wie kommt ein Film wie „Pedal the World“ (30. Juni) ins Programm, für den der radelnde Weltreisende Felix Stark seine Reise-Impressionen zusammengeschnitten hat?

Tykwer: Felix Stark hat uns angesprochen. Die Vorbereitung war ein bisschen turbulent, wann wir den Film zeigen können und ob er nun kommt oder nicht. Er hat letztlich abgesagt, aber wir haben schon 100 Kartenvorbestellungen.

Sie zeigen nur ein bis zwei Filme im Original mit Untertitel. Würden die das cineastische Vergnügen nicht erhöhen?

Tykwer: Wir zeigen „Timbuktu“ mit Untertiteln und „Pedal the World“ mit Sätzen in anderen Sprachen — ich glaube, das reicht. Wir verlieren mit Originalversionen mindestens die Hälfte des Publikums. Ich entscheide mich mittlerweile tatsächlich für synchronisierte Fassungen, weil wir ein Publikumsfestival sind. Bei uns herrscht nicht so eine konzentrierte Atmosphäre wie in einem Filmclub. Aber das Rex zeigt ja regelmäßig Originalversionen.

Sie bieten keine großen Essen an, sondern bewusst nur Snacks. Wie geräuschintensiv sind die denn im Vergleich zu den Popcorn-Eimern in den Multiplex-Kinos?

Tykwer: Wir haben eine absolut Popcorn- und Nacho-freie Zone. Man kann bei uns kleine Tüten Haribo bekommen, Laugenbrezel und das klassische Eiskonfekt. Das knistert höchstens ein bisschen.

Obwohl sie im vorigen Jahr auf digitale Technik umgestellt haben, machen Sie immer noch eine Pause - dabei müssen sie ja jetzt gar keine Filmrolle mehr wechseln.

Tykwer: Die Pause ist nicht mehr nötig, aber die Menschen wollen das, wollen sich die Füße vertreten, ein bisschen reden. Einige Filme lassen wir aus künstlerischen Gründen durchlaufen, weisen aber extra darauf hin.

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