Hersfelder Eklat um Holk Freytag

Der frühere Wuppertaler Generalintendant wird nach Streit um Festival-Finanzen vorzeitig entlassen.

Hersfelder Eklat um Holk Freytag
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Wuppertal. Es geht um Intrigen und Machtkämpfe, doch es ist ein schäbiges Stück und einer größeren Bühne eigentlich nicht würdig. Holk Freytag, früherer Wuppertaler General-Intendant, ist als Leiter Bad Hersfelder Festspiele zwei Jahre vor Ablauf seines Vertrages entlassen worden.

Am 28. Juli beschloss der Magistrat der Kreisstadt die Entlassung, am Sonntag darauf ging die letzte Vorstellung von Schillers „Maria Stuart“ über die Freilichtbühne, danach musste Freytag den Schreibtisch räumen.

Die künstlerische Arbeit des 70-Jährigen ist unumstritten. Seitdem Freytag 2010 die Intendanz der Festspiele übernommen hat, sind die Zuschauerzahlen im zweistelligen Prozentbereich gestiegen und die Kritiken auch überregional positiv. Bürgermeister Thomas Fehling (FDP) hält Sparpläne dagegen und hat bereits vor einem Jahr eine Fehde mit dem renommierten Theatermacher begonnen. Nach Berichten der örtlichen Presse hat er seitdem nicht mehr mit dem Intendanten gesprochen.

Freytag sei „nicht mehr zumutbar“, heißt es jetzt in einer Erklärung der Stadt. Die Unzumutbarkeit wird damit begründet, dass er einen Spielplan vorgelegt habe, der die Sparvorgaben von 400.000 Euro nur zur Hälfte erfüllt. Das sei Missachtung eines Magistratsbeschlusses. „Der Vorwurf ist absurd“, sagte Freytag. Zu der Sitzung habe er einen zweiten Spielplan nachgereicht, der mit 400.000 Euro weniger auskommt — und erklärt, was dadurch an Quantität und Qualität verloren gehe.

Der Theaterleiter ist ein steter Streiter für die Bühnenqualität. Bei einer Podiumsdiskussion an seiner früheren Wirkungsstätte Wuppertal hatte er noch Ende März das Schauspielhaus als „eines der schönsten Theater, die ich kenne“ gerühmt. Das Haus sei auch nicht zu groß für die Stadt, nur die kulturpolitischen Ideen vielleicht zu klein.

Der geschasste Intendant will nun Klage einreichen. Er habe sich auch im Hinblick auf das aktuelle Defizit von 300.000 Euro (eine ähnliche Deckungslücke gab es jedes Jahr) nichts vorzuwerfen: „Es gab keine Rechenfehler. Wenn die Stadt die Festspiele kaputtredet, muss man sich nicht wundern. Das Bilanz-Minus ist hausgemacht.“

Bürgermeister Thomas Fehling (FDP) wird mit massiver Kritik konfrontiert. Freytags Intendantenkollege Thomas Bockelmann vom Staatstheater Kassel spricht von „Geschmacklosigkeit“ und „Provinzposse“. Weitere Kollegen, Politiker und der Bühnenverband kritisieren den Rauswurf scharf.

Hunderte Menschen riefen bei einem Solidaritätsmarsch „Wir sind das Holk“. Schauspieler überreichten eine Liste mit 7000 Unterschriften, mit der sie die Wiedereinstellung Freytags forder. Dessen ungeachtet will Fehling bereits im September einen neuen Intendanten für 2015 präsentieren.

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