Sein oder Nichtsein: TiC feiert Hamlet-Premiere

Auch wer die Handlung kennt, wird überrascht.

Sein oder Nichtsein: TiC feiert Hamlet-Premiere
Foto: Gerhard Bartsch

Wuppertal. So ähnlich könnte auch ein Tatort anfangen: Die Wachen am Hof von Helsingör tragen Jacken mit dem Schriftzug Security und schwarzes Barett, der Geist des toten Königs erscheint ihnen auf dem Überwachungsbildschirm.

Aber der Hamlet im TiC geht nicht weiter wie ein Tatort. Obwohl Ralf Budde ihn so inszeniert hat, dass er für alle, die die Handlung nicht so präsent haben, richtig spannend ist. Da muss sich die Inszenierung vor keinem Psychothriller verstecken.

Aber auch, wer das Was schon kennt und sich ganz auf das Wie konzentriert, kann von diesem Hamlet überrascht werden. Obwohl hier der Hof Anzug trägt, hat Budde den Hamlet weniger in die Gegenwart, als vielmehr in eine eigenartige Zeitlosigkeit gestellt, der Schlegels klassische Übersetzung recht gut steht. Schwarz ist die Bühne, schwarz die wenigen Requisiten, schwarz die Kostüme, dunkel die Maske.

Der Kampf König (Alexander Bangen) gegen Prinz (Robert Flanze) wird zu einem Schachspiel Schwarz gegen Schwarz, dem farbige Bauern wie Rosencrantz und Güldenstern geopfert werden.

Das Erstaunlichste an dieser Inszenierung: Obwohl Budde die Charaktere exemplarisch und kaum individuell angelegt hat, spürt man dahinter die Menschen. Man ahnt sie, weil man ihre Wirkung sieht. Aber sie bleiben versteckt hinter zig Masken.

Wie weit muss Hamlet bereits deformiert sein, dass er überhaupt kein Bedauern empfindet, als er erkennt, irrtümlich Polonius (Joachim Rettig) getötet zu haben. Ein reflexhafter Rest Anstand ist noch da, er werde dafür gerade stehen. Aber nicht mehr Regung, als sei ihm eine Vase runtergefallen.

Gelungen auch der berühmte Hamlet-Monolog über Sein oder Nichtsein, den Hamlet leise, scheinbar undramatisch und darum um so wirkungsvoller am Tisch der Wache hält, den Revolver in der Hand. Menschen können von Menschen gemachten Verhältnissen machtlos ausgeliefert sein. Oder wo ist der Punkt, an dem man sie hätte aufbrechen können? Wo hätte man die Souveränität über sich zurückgewinnen können? So bleiben diese Figuren zugleich Opfer und Täter.

Im April wird Hamlet gespielt: 16., 17., 18., 23., 24., 25.4. (jeweils 20 Uhr), 19., 26.4. (19 Uhr), Borner Straße 1. Karten: Telefon 47 22 11 und online.

www.tic-theater.de

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