Spaß und Ernst: Der Zoo als Bühne

Menschen, Tiere, Überraschungen: Das Tanztheater verblüfft bei der Premiere.

Wuppertal. „Ein unvergessliches Erlebnis!“ Dorothea Backhaus ist sichtlich bewegt — mindestens genauso sehr wie Eva-Maria Pioch, die aus Lübeck nach Wuppertal gereist ist, um im Zoo Zeugin eines ganz besonderen Spektakels zu werden. „Eine tolle Veranstaltung“, schwärmt die Norddeutsche, nachdem im Elefantenhaus der letzte Applaus verhallt ist.

Der Zoo als Bühne? Es wirkt so surreal wie selbstverständlich — das Pina-Bausch-Ensemble tanzt, als sei es hier schon immer zu Hause, und die Zuschauer sind mit glänzenden Augen bei der Sache, als hätten sie schon vorher geahnt, dass das Ganze nur ein Erfolg werden könne.

Kurzum: Die Premiere im Elefantenhaus kommt am Samstagmittag bestens an — vor allem bei Dorothea Backhaus. Was ihr am besten gefallen hat? „Wie die Tänzer die Bewegung von Tieren imitiert haben“, erklärt die Zuschauerin, die das 45-minütige Experiment gebannt verfolgt hat — im Stehen, wie auch alle anderen, die vor Vorstellungsbeginn sichtlich gespannt sind auf das, was da kommen mag.

Die Begeisterung hält sich. Allein zwei Mütter verlassen den exotischen Tanz-Ort mit ihren Kleinkindern vorzeitig. Kein Wunder: Wer zu klein ist, um über das Geländer zu sehen, oder allein einen Blick auf die Reaktion der Elefanten werfen möchte, verpasst den tieferen Sinn des Ganzen, den Dorothea Backhaus an der Körpersprache festmacht: „Das Ensemble hat verschiedene Tier-Charaktere wunderbar in Szene gesetzt — und gezeigt, dass es individuelle Wesen sind.“

Was sich erstmals im Elefantenhaus abspielt, lebt von vielen kleinen, oft parallelen Szenen, die ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Es scheint vor allem ein großer Spaß zu sein — verbunden mit dem typischen Pina-Bausch-Augenzwinkern, das Melancholie mit Lebensfreude, ernsthafte Rollenspiele mit heiterer Ironie, Körpersprache mit Livemusik verbindet.

Dabei greifen die Tänzer das Thema Zoo auf — und beherzt zu. Sie „massieren“ sich mit einer Heugabel den entblößten Rücken, schwimmen durch das Wasserbecken, streifen sich einen Schlüpfer mit Wildkatzen-Muster über die lange Hose.

Rainer Behr läuft wie ein eingesperrtes Tier unruhig hin und her, drückt verzweifelt gegen die Wand. Scott Jennings trägt eine Kette aus Karotten, zündet eine Möhre an wie eine Zigarette und gibt den Dompteur — peitschenknallend jagt er einen Kollegen.

Daphnis Kokkinos thront wie ein Karnevalsprinz auf dem Heuwagen, den ein Tierpfleger schiebt. In einer anderen, ebenso absurden Szene trägt er ein Tablett mit Äpfeln in Händen und ein Schild mit einer klaren Aussage („Betreten verboten!“) um den Hals. All das sind verblüffende Einfälle, die bei der ersten von vier Vorstellungen für staunende, beseelte Zuschauergesichter sorgen — auch wenn die Elefanten zunächst außen vor bleiben.

Am Ende treten sie doch noch auf: Erst sind nur Rüssel in Sicht, dann wechseln die neugierigen Schwergewichte komplett vom Außengehege ins Innere — gerade noch rechtzeitig, um den Applaus entgegenzunehmen.

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