Theater um Japan: Fukushima und die Folgen für Wuppertal

„Der Blitz (Fukushima Sunrise)“ in Elberfeld: Regisseur Marcus Lobbes erforscht die sprachlichen Untiefen der politischen Welt.

Wuppertal. Welche Halbwertzeit haben die Aussagen von Politikern? Es sind zwei Männer, die diese Frage unisono formulieren: Marcus Lobbes (Regie) und Oliver Held (Dramaturgie) blicken ins ferne Japan — und zugleich in die nahe gelegenen Untiefen deutscher Politik. Am 16. März feiert das Duo Premiere im Kleinen Schauspielhaus — mit einer Produktion, die man als vielstimmige Sprechoper bezeichnen könnte.

„Es geht nicht nur um Fukushima, sondern vor allem um unseren Umgang damit“, erklärt Held. „Dass Fukushima bei uns heute eigentlich kein Thema mehr ist, ist letztendlich das Thema des Stücks.“ Das klingt ganz danach, als sei „Der Blitz (Fukushima Sunrise)“ — rein sprachlich gesehen — ein Abgesang auf die moderne Zivilisation. Und richtig: Es geht um Sprache und Sprachlosigkeit angesichts der atomaren Katastrophe, die sich im März zum ersten Mal jährt.

Zwölf Monate nach dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima kündigen die Wuppertaler Bühnen eine Uraufführung an, die „eine neue ästhetische Form“ verspricht. Konkret gesagt: Es gibt keine dramatische Handlung, aber vier Schauspieler, die den Text von Fred Hundt 70 Minuten lang mit Verve präsentieren sollen. Dabei sind Gregor Henze, Maresa Lühle, Juliane Pempelfort und Philipp Sebastian wahrhaft gefordert. „Der Text ist schwer zu lernen“, gibt Lobbes zu. „Er hat eine eigene Form, Poesie und Musikalität“ — passend zur Botschaft, die er transportieren soll.

„Das Stück beschäftigt sich mehr mit Formulierungsfragen als mit der Atompolitik“, betont der Regisseur, der an den Wuppertaler Bühnen bereits „König Lear“ und „Baumeister Solness“ in Szene gesetzt hat. „Wie eine große Geräuschblase“ soll das aktuelle Schauspiel wirken: Was Lobbes an den Ereignissen in und nach Fukushima vor allem entsetzt hat, „war der mediale Overkill, der auf Zahlen, Fakten und Zitaten beruhte“. Nicht nur mit Statistiken sei man regelrecht „bombadiert“ worden. Auch die politischen Äußerungen zu regenerativen Energien seien in einem atemberaubendem Tempo auf das Wählervolk niedergeprasselt.

Auf der Theaterbühne soll dies entsprechende Konsequenzen haben: „Die Sprache zersetzt sich im Laufe des Abends immer mehr.“ Bleibt eine weitere hintersinnige Frage, die Lobbes und Held gemeinsam formulieren: „Wie strahlend sieht unsere Zukunft denn nun aus?“ Das ist zwar gesamtgesellschaftlich gemeint, letztendlich jedoch auch persönlich zu verstehen: Ob Lobbes’ Produktion eine lange Laufzeit haben könnte, wird sich am Freitag, 16. März, ab 20 Uhr zeigen.

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