Werke zwischen nackt und ursprünglich

Unter dem Motto „Unfrisiert“ zeigen 19 Künstlerinnen in der Schwarzbach-Galerie vielfältige Arbeiten.

Werke zwischen nackt und ursprünglich
Foto: Stefan Fries

Oberbarmen. Die Frisur — ein ewiges Thema für Frauen, nicht erst seit der kultig-legendären Taft-Werbung. Aber nicht allein deshalb ist „Unfrisiert“ ein schön gefundenes Thema für die Werkschau von 19 Gedok-Künstlerinnen (Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstförderer) in der Schwarzbach-Galerie. Schließlich legt der Mensch ja nicht nur Hand an die Haare an, sondern schnippelt auch an der Natur herum und onduliert seine Wahrnehmung der Welt, wie es ihm nach der jeweils aktuellen Zeitgeist-Mode gefällt.

Der Themenvorschlag sei aus den Reihen der Künstlerinnen gekommen, sagt Brigitte Melchers, seit drei Jahren erste Vorsitzende der Gedok Wuppertal. Sie freut sich besonders, dass seit längerem wieder eine ganz große Schau zustande gekommen ist. Entsprechend üppig ist die Bandbreite der Interpretationen und Techniken — ob es um analoges, also unfrisiertes Arbeiten geht wie in Helga von Berg-Harders herausragenden abstrakten Schwarz-Weiß-Fotos, die unfrisierte Banalität des Alltags wie in Jacqueline Hess’ Blick auf und aus dem Atelierfenster oder um ein Aufbrechen der bekannten Ordnung, etwa wenn Marlies Blauth Bibeltexte aus dem vertrauten Kontext löst und ihnen neue Bedeutung gibt, indem sie sie neu aufschreibt — ironischerweise scheinbar in Stein gemeißelt. Natürlichen, aber nicht unästhetischen Verfall zeigt Shahin Damizadeh, organische Formen, die wie in einer Fata Morgana zerfließen.

Ein Teddy mit schütterem Fell empfängt die Besucher auf einem zerschlissenen Sessel: „Die Zeit frisiert uns alle um“, schreibt Künstlerin Erika Windemuth. Von ihr stammt auch die Werkreihe „Räume“, die ihr wahres, unfrisiertes Wesen nur zeigen, wenn die alten Bewohner aus- und die neuen noch nicht eingezogen sind: nackt, nur von einer Glühlampe erhellt, eigenartig anziehend. „Lichtung“ nennt Petra Göbel ihre Installation, bei der aus einem Zeichenschrank ein Foto von 82 x 122 Zentimetern herausschaut: die Makroaufnahme eines Stückchens behaarter Haut.

Die vielfältigen und ausgedehnten Räumlichkeiten der Schwarzbach-Galerie bieten sich ideal für diese Gruppen-Ausstellung an. Denn in dem alten Fabrikgebäude kommen auch große Installationen angemessen zur Geltung. Duda Voivos meterlange Papierarbeit „Exodus“ ist gut aufgehoben in einem langen, schmalen Gang. Gemalte Gestalten wandern auf einem Papierstreifen orientierungslos zwischen einer kalten und einer warmen Sonne hin und her.

Im letzten Raum dürfte Ulle Huths Installation „Gärten von Versailles“ zunächst befremdete Blicke auf sich ziehen. Dabei ist ihre Idee von bestechendem Witz — die ineinander verknäulten braunen und grauen Filzstreifen stehen für das unwillkürliche Wuchern der Pflanzen. Doch ihre Natürlichkeit, sprich das Grüne, haben sie in im Umfeld des absolutistisch zurechtgestutzten Parks von Versailles verloren. Die Farbe Grün findet man nur in den verschnörkelten architektonischen Formen, die an der Wand dahinter lehnen.

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