Müller: Endet der CDU-Streit nicht, droht die Zerreißprobe

Wuppertal. Michael Müller und Jürgen Hardt suchen Auswege, um die CDU aus dem Dauerstreit mit Bernhard Simon zu führen.

Herr Müller, Herr Hardt, steht die Wuppertaler CDU vor einer Zerreißprobe?

Jürgen Hardt: Ganz klar: Nein. Die Entscheidung zu Bernhard Simon ist während des jüngsten Parteitages eindeutig ausgefallen. Eine Zerreißprobe kann ich nicht erkennen.

Gilt das auch für die Fraktion, Herr Müller?

Michael Müller: Wir müssen uns wieder um die Sacharbeit kümmern, sonst könnte es wirklich zu einer Zerreißprobe kommen.

Bernhard Simon hat in der Fraktion und auch in der Partei noch immer Unterstützer. Muss man daher davon ausgehen, dass er über lange Zeit ein Unruheherd sein wird?

Hardt: Ich kann nur das wiederholen, was ich gesagt habe. Der Parteitag hat mit großer Mehrheit die gleichlautenden Anträge der fünf Stadtbezirksverbände, ihn zum Mandatsverzicht aufzufordern, angenommen. Eine größere Geschlossenheit kann man in dieser Frage eigentlich nicht erwarten.

Warum wird Herr Simon nicht aus der Partei oder der Fraktion ausgeschlossen?

Müller: Das geht deshalb nicht, weil es sich nicht um ein juristisches Problem handelt. Herr Simon hat keine goldenen Löffel gestohlen. Wir haben in Sachfragen politisch unterschiedliche Ansichten. Das trifft auch darauf zu, wie unsere Satzung gehandhabt wird. Das muss man politisch klären und nicht juristisch. Es ist ganz einfach: Wenn ein Stadtverordneter aus der Fraktion ausgeschlossen wird, würden die Gerichte mit einer einstweiligen Anordnung die Fraktionszugehörigkeit recht schnell erzwingen. Wir können uns über die nächsten 18 Monate keine juristische Auseinandersetzung erlauben.

Sie gehen also davon aus, dass Sie vor Gericht eine Niederlage erleiden würden?

Müller: Nicht unbedingt, aber es ist vollkommen offen, wie so ein Verfahren ausgeht.
Hardt: Die Nichtbefolgung eines Parteitagsbeschlusses stellt kein grob parteischädigendes Verhalten dar. Die Mitgliedschaft in einer Partei ist ein hohes und geschütztes Gut. Alle Experten, die sich mit diesem Thema befassen, teilen uns mit, dass ein Verfahren auf Parteiausschluss gegen Bernhard Simon keine Chance hat.

Also bleibt Herr Simon Mitglied von Partei und Fraktion bis zur nächsten Kommunalwahl?

Hardt: So wie Thilo Sarrazin Mitglied bei der SPD bleibt.

Wie können Sie es denn verhindern, dass jetzt nicht alle zwei bis drei Monate neuer Streit öffentlich ausgetragen wird?

Müller: Man kann einen Streit ja nicht verbieten. Jedes Fraktionsmitglied muss sich darüber bewusst werden, wie der Parteitag abgestimmt hat. Man hat auch innerhalb der Fraktion den Parteimitgliedern gegenüber eine Verantwortung.

Fürchten Sie aufgrund des Streits bei der nächsten Kommunalwahl Verluste?

Müller: Wenn der Streit sich so weiter fortsetzt, auf jeden Fall. Das ist gar keine Frage.

Hat die Diskussion um die WSV-Gold-Karten mit Ehrenrat und Ältestenrat der Kommunalpolitik in Wuppertal insgesamt geschadet?

Müller: Ja, davon bin ich überzeugt.

Andreas Ackermann, der Anwalt von Bernhard Simon, wirft Ihnen beiden vor, sie hätten nach Gründen gesucht, um Herrn Simon loszuwerden. Was sagen Sie dazu?

Müller: Ich halte die Aussage von Herrn Ackermann für falsch.

Hardt: In der Tat.

Es gibt Mitglieder in der Wuppertaler CDU, die behaupten, der Umgang mit Bernhard Simon hätte schon vor einem Jahr energischer sein und darauf hinwirken sollen, dass er sich zurückzieht. Sehen Sie das heute auch so?

Hardt: Das Parteienrecht steckt die Grenzen. Ich habe im Vorfeld des Parteitags gesagt, dass man von einem Beschluss nicht zu viel erwarten darf. Es handelt sich um einen moralischen Appell. Der Beschluss war doch ein deutliches Signal. Ich hatte darauf gehofft, dass Bernhard Simon das richtig verstehen würde. Das ist leider nicht so gewesen. Aber ich sage deutlich: Wir werden uns nicht vor Gericht begeben.

Haben Sie seit dem Parteitag Kontakt zu Herrn Simon gehabt?

Hardt: Ich habe den Kontakt gesucht. Ich werde es in Kürze noch einmal versuchen.

Ist es richtig, dass er sich nur über seinen Anwalt äußern möchte?

Hardt: Ich gehe davon aus, dass wir über kurz oder lang am Telefon miteinander sprechen werden.

Müller: Natürlich werden wir noch miteinander sprechen. An dem Tag, an dem die Meldung gesendet wurde, habe ich ihn im Rathaus getroffen. Wir haben nur kurz miteinander gesprochen, weil wir beide keine Zeit hatten.

Wie geht es denn jetzt weiter? Sie stehen ja beide unter Druck?

Müller: Bernhard Simon steht auch unter Druck.

Hardt: Mit Sicherheit.

Müller: Wir stehen alle drei unter Druck.

Ja, aber wie geht’s weiter?

Müller: Er hat ja erklärt, dass er nicht zurücktritt. Mit dieser Erklärung muss ich umgehen. Ich muss möglichst schnell mit ihm sprechen, wie wir in der Fraktion weiterarbeiten.

In einigen Bereichen führt doch gar kein Weg an Herrn Simon vorbei, weil er Ausschussvorsitzender ist — etwa bei der Verbandsversammlung des VRR — oder?

Hardt: Wenn wir uns anschauen, was die vergangenen anderthalb Jahre in dieser Stadt geschehen ist: Das Ansehen von Partei und Fraktion der CDU hat gelitten — aber die Sacharbeit der Fraktion hat doch gezeigt, dass es eine erfolgreiche Zeit war. Wir müssen uns nicht nachsagen lassen, dass die Wahrnehmung unserer Aufgaben und der Verantwortung unter dem Streit gelitten hat.

Das haben Sie ja während des Parteitags offensiv dargestellt. In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert aber doch, dass schmutzige Wäsche gewaschen wird, oder?

Hardt: Ja.

Da müssen Sie irgendwie rauskommen?

Hardt: Richtig.

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