Sicherheitsforscher: „Allein schon Gedränge bedeutet Gefahr“

Uni-Sicherheitsforscher Armin Seyfried versteht das Aus des Flohmarkts.

Wuppertal. „Wenn ich an der Stelle von Andreas Schäfer wäre, dann hätte ich die Verantwortung für den Flohmarkt nicht übernehmen wollen.“ Professor Armin Seyfried, Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets Computersimulation für Brandschutz und Fußgängerverkehr an der Bergischen Uni, hat Verständnis für das Aus des beliebten Trödels auf der Kaiserstraße. „Selbst wenn alle Sicherheitsvorkehrungen optimal sind, ein Null-Risiko wird es nicht geben“, sagt Seyfried.

Risikien zu minimieren — dieses Ziel verfolgt die Forschung seit der Katastrophe bei der Loveparade mit Nachdruck. „Nordrhein-Westfalen nimmt eine Vorreiterrolle ein“, sagt Seyfried. Der Leitfaden der Stadt, an dem sich die Veranstalter in Wuppertal bei Sicherheitsfragen orientieren können, sei vorbildlich. Positiv zu werten sei auch die langjährige Erfahrung, auf die in Wuppertal bei Großveranstaltungen aufgebaut werden könne.

Aufgabe der Forschung sei es, Veranstaltungen zu klassifizieren, um so Gefahrenquellen einzugrenzen und möglichst effizient abzustellen. Eine Premierenveranstaltung sei in der Regel problematischer als eine Traditionsveranstaltung wie der Flohmarkt. „Doch was ist, wenn nach verregneten Jahren wieder einmal die Sonne scheint. Dann kommen bis zu 100 000 Besucher mehr. Und allein das Gedränge bedeutet Gefahr, da muss gar nichts Außergewöhnliches passieren.“

Praktisch jeder könne über Erlebnisse berichten, in denen er in ein bedrohliches Gedränge geraten sei. „Ich muss vorher wissen, ob ich dahin will, wo sich andere drängen“, sagt Armin Seyfried. „Gehe ich zum Flohmarkt, dann gehe ich ein individuelles Risiko ein. Die Verantwortung für 250 000 Besucher zu übernehmen, ist aber eine ganz andere Sache“, gibt Diplom-Ingenieur Stefan Holl, wissenschaftlicher Mitarbeiter Seyfrieds, zu bedenken.

Die Verantwortung für so viele Menschen könne keine Einzelperson übernehmen. Nach Ansicht der Sicherheitsexperten sei das nur der Stadt oder einer entsprechenden Organisation möglich, die über eine Rechtsabteilung verfüge. „Wer die Veranstaltung will, der muss in die Verantwortung“, lautet das Fazit der Wissenschaftler.

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