„Ein Soli West für arme Städte ist nicht sinnvoll“

Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin der Grünen, im WZ-Gespräch.

Wuppertal. Was wird vom Wahlkampf der Grünen 2013 besonders in Erinnerung bleiben? Vielleicht das Reizthema Gemüsetag in bundesdeutschen Kantinen. Die Diskussion darüber ist Katrin Göring-Eckardt zwar „ein bisschen auf die Nerven gegangen“. Doch inzwischen kann sie dem medialen Aufschrei durchweg positive Seiten abgewinnen. „Ich denke, dass wir mit dem Thema auch einen Nerv getroffen haben“, erklärt die Spitzenkandidatin der Grünen, die auf ihrer Wahlkampftournee Station in Wuppertal machte und dabei auch die WZ-Redaktion besuchte.

Den Eindruck einer Wahlkämpferin im Dauerstress macht die 47-Jährige nicht. Sie strahlt Sachlichkeit und eine große innere Ruhe aus. Und das auch in Zeiten des heißen Wahlkampfs, in dem die Grünen mit ihren zentralen Themen, wie der Energiewende und der sozialen Gerechtigkeit bisher nicht die Aufmerksamkeit erhalten haben, wie mit der Empfehlung, einmal in der Woche in der Kantine vegetarisch zu essen. Dabei, so Göring-Eckardt, gehe es auch hier um Grundsätzliches: Um die Einstellung der Menschen zur Massentierhaltung und den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen.

„Ich genieße es, im Wahlkampf die unterschiedlichsten Menschen in ganz Deutschland kennenzulernen“, sagt Katrin Göring Eckardt, die den Wuppertaler Bundestagskandidaten Hermann Ott im Wahlkampf unterstützt. Die grüne Spitzenpolitikerin aus Thüringen, die im Osten aufgewachsen ist und ihre politische Laufbahn dort begann, kennt auch die Probleme einer finanzschwachen Stadt wie Wuppertal.

„Allein werden die Städte ihre Schulden nicht tilgen und auch nicht in die Zukunft investieren können“, sagt Göring-Eckardt und verweist auf die Haushaltspläne der Grünen. Neben der Streichung von Ausgaben und ökologisch schädlichen Subventionen, wie dem Betreuungsgeld und dem Dienstwagenprivileg für Geländewagen, soll eine Steuerreform kommen. Nur zehn Prozent der Bevölkerung würden dadurch stärker belastet. Die Steuermehreinnahmen sollen auch in die Bildung, den Kita-Ausbau und die öffentlich Infrastruktur fließen.

Den Vorschlag, den Solidaritätszuschlag Ost in einen „Soli West“ für arme westdeutsche Städte umzuwandeln, hält sie für nicht machbar und auch nicht für sinnvoll — sowohl strukturschwache Regionen in Ost als auch in West bräuchten Unterstützung. Einige Städte und Regionen in den östlichen Bundesländern hätten sich hervorragend entwickelt, andere nicht. Daraus sollte man die Lehren ziehen. „Der Staat muss in der Lage sein, die Infrastruktur vorzuhalten, die die Menschen brauchen“, fordert sie.

Derzeit gingen bestimmte staatliche Ausgaben zu Lasten der Allgemeinheit, etwa Subventionen im Zuge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für Industrien, die gar nicht im internationalen Wettbewerb stünden und besonders energieintensiv seien. Sorgen bereitet ihr die Entwicklung der Altersarmut. „Ich bin zunächst davon ausgegangen, dass in der Zukunft vorwiegend Menschen im Osten betroffen sein würden“. Doch ihr sei klar geworden, dass es zu 80 Prozent ältere Frauen in Westdeutschland treffen werde. „Auch daher setzen wir Grüne uns für eine Grundrente von 850 Euro ein.“

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