Auf der Schreinerswiese wird Wuppertal zur Universitätsstadt

Den Impuls zum Bau einer Universität gab Johannes Rau 1966 im Rat der Stadt. Gründungsdatum ist der 1. August 1972.

Wuppertal. Am 1. August 1972 — also vor fast genau 40 Jahren — wurde Wuppertal zur Universitätsstadt. Präziser formuliert: Wuppertal feierte die Gründung der Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal, zeitgleich übrigens mit gleichartigen Institutionen in Duisburg, Essen, Paderborn und Siegen. Im Oktober 1975 wurde auf der Schreinerswiese oberhalb der Elberfelder Südstadt Richtfest auf dem Campus Grifflenberg gefeiert. Die bildungspolitische Revolution Ende der 60er hatte in Wuppertal sichtbare Früchte getragen. Die Gründungsgeschichte der Bergischen Universität ist untrennbar mit dem Namen Johannes Rau verbunden, der die sogenannte „Bildungskatastrophen-Diskussion“ der Nach-Adenauer-Zeit in positive Energie für seine Heimatstadt umwandelte. Rau nahm die einmalige Chance wahr. Der Wunsch, akademische Laufbahnen auch für Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien zu ermöglichen, stand im Zentrum seiner Pläne, die er 1966 erstmals im Rat der Stadt äußerte. Mit dem Vorschlag zur Gründung einer „Wissenschaftlichen Gesellschaft“ in Wuppertal setzte er den entscheidenden Impuls.

Im Gespräch mit der WZ erinnerte sich Rau anlässlich des 25-Jährigen Bestehens der Universität an eine Reihe von Vorschlägen, die in der Planungsphase zur Diskussion standen. So wurde zum Beispiel über eine Hochschule mit einem medizinischen Studiengang mit Unterstützung von Bayer nachgedacht. Die Hardt sollte zum „Wissenschaftsberg“ werden. Auch die Steinbeck wurde als Standort ins Gespräch gebracht. Konkreter sind 1970 die Vorschläge zur Gründung einer Rhein-Universität in Duisburg mit Filialen in Neuss und Wuppertal. Johannes Rau setzte jedoch als Wissenschaftsminister sein Konzept der fünf Gesamthochschulen in NRW durch. Ein Konzept, dem Wuppertal die eigenständige Bergische Universität verdankt.

Universitäre Standorte wie Wuppertal und Duisburg, an denen Universitäten aufgebaut werden mussten, waren der Gegenentwurf zu den traditionsreichen Universitäten in Münster oder Bonn. So schnell wie die Betonbauten am Grifflenberg wuchsen auch die Zahlen der Studierenden. So konnten Gründungsrektor Prof. Dr. Rainer Gruenter und Gründungskanzler Dr. Klaus Peters bereits im Wintersemester 1975/1976 mit 6300 Studierenden rechnen. Mit 14 Fachbereichen war die Gesamthochschule breit aufgestellt. 81 Ordentliche Professoren der Besoldungsgruppe H 4 lehrten und forschten im Gebäude der früheren Pädagogischen Hochschule auf der Hardt, in der Gewerbeschulstraße, am Haspel, an der Pauluskirchstraße, am Hofkamp und im Neubau auf dem Grifflenberg. Der Autor Peter Härtling konnte 1975 als bekannter Gastprofessor gewonnen werden, 1983 trat der aus der Sowjetunion ausgebürgerte Germanist Lew Kopelew eine Forschungsprofessur in Wuppertal an.

„Die Gesamthochschule Wuppertal kämpft um die Gleichberechtigung“, titelte der Generalanzeiger im Mai 1975. Es geht um Fragen der Anerkennung der Abschlüsse der Studenten an Gesamthochschulen und eine höchst umstrittene Studienreform. In anderen Bundesländern wird die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen durchaus kritisch gesehen. Doch es gibt kein zurück mehr, die Riesenbaustelle auf dem Grifflenberg mit mehr als 600 000 Kubikmeter umbautem Raum hat das Stadtbild verändert. Hinzu kommt der Bau von Studentenwohnungen. Die werden bei wachsenden Zahlen — im Jahr 1994 sind es fast 19 000 Studenten — dringend benötigt.

Die in Rekordzeit in Betonbauweise hochgezogenen Gebäude — erster Spatenstich im November 1972, der erste Neubau wird im Dezember 1973 übergeben — sind schon 25 Jahre später sanierungsbedürftig. Eine Dauerbaustelle ist die einstige Schreinerswiese bis heute geblieben. 1987 wurde am Ostersberg die Uni-Halle eröffnet, vor einem Jahr erst das vielgelobte Hörsaalzentrum im ehemaligen Gebäude K für Maschinenbau eingeweiht. Auf dem 52 Hektar großen Gelände ist wohl kaum ein Jahr vergangenen, in dem es keine Investitionen in die Bausubstanz gegeben hat.

40 Jahre ist die Bergische Universität Wuppertal alt — eine Baustelle wird sie noch lange bleiben. Ihre Entwicklung ist ein dauerhafter Prozess, dessen Ende noch lange nicht abzusehen ist.

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