Christian Maly: Vom Torhüter zum Erzieher

Ex-WSV-Torhüter Christian Maly drückt wieder die Schulbank und sammelt Erfahrungen auf den Philippinen.

Wuppertal. Ob er sich am Samstag das Spiel des WSV bei der U23 des VfL Bochum anschaut, wusste Christian Maly am Freitag noch nicht. Vielleicht hat er noch Schulstoff aufzuarbeiten oder Hausaufgaben zu erledigen.

Denn für „Bob“, der 272 Spiele für den WSV im Tor gestanden hat und nach einem eher glanzlosen Abschied in der vergangenen Saison Torwarttrainer bei den Amateuren des VfL Bochum war, ist der Fußball derzeit tatsächlich nur die schönste Nebensache der Welt.

Er strebt nun im Rahmen einer Umschulung, die von der Berufsgenossenschaft finanziert wird, den Beruf des Erziehers an. Sein letztes Spiel für den WSV bestritt er am 30. April 2010, als er sich gegen den FC Carl-Zeiss Jena die Patellasehne riss. Seit 2011 ist er Sportinvalide.

Im zarten Alter von 37 Jahren drückt Maly seit dem 22. August am Berufskolleg Kohlstraße die Schulbank, um in drei Jahren die Ausbildung zum Erzieher zu absolvieren. „Ich bin nicht der Älteste in der Klasse“, sagt Maly und lacht. „Es gibt noch jemand, der 48 ist.

Insgesamt sind wir eine bunt gemischte Truppe. Mir kommt zugute, dass ich beim VfL Bochum mit vielen jungen Spielern zusammengearbeitet habe. Man setzt keinen Rost an.“ Nach über 15 Jahren als Fußballprofi fällt die Umgewöhnung noch ein wenig schwer.

„Ich muss mich ein bisschen anders organisieren, als es in den vergangenen Jahren der Fall war, aber das ist alles machbar.“ Im November steht das erste Praktikum an. „Dann geht’s in den Kindergarten“, sagt Maly und freut sich auf die neue Herausforderung.

„Ich habe immer Spaß am Umgang mit Kindern gehabt, schließlich komme ich aus einer großen Familie. Zu Hause waren wir zu sechst.“ Der Kindergarten muss aber nicht dauerhaft sein zukünftiger Arbeitsplatz bleiben.

Vielmehr kann sich Maly vorstellen, später einmal als Erzieher in einem Internat eines Fußball-Bundesligisten zu arbeiten, sagt der Vater eines 17-jährigen Sohns und einer einjährigen Tochter. Beim VfL Bochum hätte er auch weiterhin als Torwarttrainer arbeiten können.

„Der Kontakt mit dem VfL ist auch noch nicht abgerissen. Aber zeitlich wäre es nicht so einfach, den Job mit der Schule zu verbinden. Außerdem möchte ich am Wochenende auch mal Zeit für die Familie haben“, sagt Maly, der im Zooviertel wohnt.

Ganz ohne Fußball geht es aber dann doch nicht im Leben von Christian Maly. Eine glückliche Fügung ergab, dass er im Sommer plötzlich als Fußball-Entwicklungshelfer auf den Philippinen landete.

Zuvor hatte er Lutz Pfannenstiel kennengelernt, der zu den Abenteurern unter den Torhütern zählt. Der gebürtige Bayer spielte in zahlreichen Ländern, landete wegen angeblichen Spielmanipulationen in Singapur sogar im Knast und schrieb über sein aufregendes Torhüterleben ein Buch.

„Er hatte eine Anfrage für die Philippinen vorliegen, ist aber jetzt für die Auslandskontakte bei der TSG Hoffenheim zuständig. Und da hat er mich gefragt, ob ich den Job nicht machen will.“ „Bob“ wollte und hat es nicht bereut. „Das war für mich eine ganz tolle Erfahrung in einer völlig anderen Kultur.

Für Europäer ist das nicht ganz unproblematisch. Aber es liegt mir ja fern, zu behaupten, ich hätte den Fußball erfunden. Das kam da unten schon mal ganz gut an“, umschreibt Maly in gewohnt trockener und bescheidener Art sein Auftreten in Asien. Auf dicke (europäische) Hose machen, ist nicht sein Ding.

Die philippinischen Fußballverhältnisse sind mit den hiesigen in keinster Weise vergleichbar. „Die Plätze sind schon sehr gewöhnungsbedürftig.

Die Tore bestehen aus schweren Eisenkonstruktionen, da müsste die ganze Mannschaft mit anpacken, um sie zu versetzen. Und auch mit dem DFB-Handbuch brauchst du den Jungs nicht kommen“, sagt Maly, der seine ehrenamtliche Tätigkeit weniger als klassischen Trainerjob auf dem Platz begriff, sondern vielmehr zur Verfügung stand, „um die Spieler anzuleiten“.

„Auf den Philippinen dominieren eher die US-Sportarten, aber der Fußball ist stark im Kommen. Es gibt jetzt eine Liga, in die der Verband und ein reicher Investor richtig Geld pumpen, um den Sport nach vorne zu bringen. Aber da steckt noch vieles in den Kinderschuhen.“

Ganz allein unter Asiaten war Maly nicht. Zum einen nutzte er die Zeit, um mit seiner Familie Urlaub zu machen, zum anderen besteht die philippinische Nationalmannschaft aus einem Multikulti-Team, das vom deutschen Ex-Torhüter Michael Weiß trainiert wird.

Mit Roland Müller steht auch ein Profi des MSV Duisburg im Team, hinzu kommen Spieler aus dänischen und niederländischen Ligen. „Die Philippinen wollen im November die Qualifikation zum AFC-Challenge-Cup schaffen. Wenn sie dort mindestens Zweiter werden, dürfen sie zu den Asien-Spielen, was ein Riesenerfolg wäre. Ich könnte wieder ’runter fahren und helfen. Aber das wäre schwierig mit der Schule zu vereinbaren.“

Ohnehin ein geerdeter Typ, zeigt sich der Ex-WSV-Spieler („Ich habe keinen Kontakt zum Verein“) vor allem von der ständig präsenten Armut in der Hauptstadt Manila schockiert.

„Dort betteln dich die Kinder nicht um einen Dollar, sondern um 20 Cent an. Auch für so eine Erfahrung bin ich dankbar.“ Schaden kann sie jedenfalls im Hinblick auf sein neues Berufsziel nicht.

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