Im WSV-Trainingslager (I): Die Gastspieler wollen überzeugen

Die bisherigen Karrieren von Lutz Radojewski, Benjamin Reichert und Laurenz Wassinger zeigen, wie wechselhaft das Fußballgeschäft sein kann.

Wuppertal. Quasi optimal ist die Anzahl von 20 Feldspielern und drei Torhütern, die der Wuppertaler SV im Trainingslager in Bad Kreuznach zur Verfügung hat.

So lässt sich sowohl in Kleingruppen mit jeweils zehn Feldspielern auf dem riesigen Trainingsgelände der SG Eintracht Bad Kreuznach (deutlich größer als zwei Fußballfelder nebeneinander) arbeiten, als auch jeweils zum Abschluss elf gegen elf spielen, quasi wie im ganz normalen (Fußballer-)Leben. Möglich wird das angesichts des relativ kleinen Kaders durch vier Gastspieler, die die Fahrt mitmachen durften.

Das geschieht aber sicher nicht aus dem Grund, um etwa das recht günstige Hotelkontingent, was von Hausherr Gojko Loncar, Ex-Präsident der SG Eintracht, zur Verfügung gestellt wurde, auszuschöpfen oder die Mannschaft im Training vollzumachen. Trainer Hans-Günter will auch wissen, auf wen er zurückgreifen kann, wenn es vielleicht doch noch neue Luft im Etat geben sollte. „In so einem Trainingslager kann man sich ein umfassendes Bild machen“, sagt der Fußball-Lehrer.

Gastspieler sind inzwischen bei jedem Verein in der Vorbereitung Gang und Gäbe, weil immer mehr Clubs ihren Kader erst kurzfristig zusammenstellen. Der WSV ist dabei in der durchaus komfortablen Situation, schon früh seinen Kader zusammengehabt zu haben.

Ein Blick auf Lutz Radojewski, Benjamin Reichert und Laurenz Wassinger lohnt in jedem Fall, auch weil sich an ihnen exemplarisch zeigt, wie wechselhaft das Fußballgeschäft sein kann.

Benni Reichert ist mit 29 Jahren eigentlich noch im besten Profialter, hat mit Rot-Weiß Oberhausen seit der Jugend Höhen und Tiefen mitgemacht, respektable 66 Zweit-, 20 Dritt- und 53-Regionalliga-Spiele auf dem Buckel. „In den vergangenen zwei Jahren hat man aber gemerkt, dass es nicht mehr gepasst hat“, sagt er.

Nach zwei Abstiegen will er nun eine Luftveränderung, hat vom Verein allerdings auch keinen neuen Vertrag bekommen, obwohl er in der vergangenen Drittliga-Saison viel gespielt hat. „Ich habe da alles gespielt, vom rechten über den linken Verteidiger, defensiven Mittelfeld und sogar den Zehner“, sagt er. Nun will er sich zunächst einmal fit halten.

„Ich bin froh, dass mir mein alter Trainer Hans-Günter Bruns dazu in Wuppertal die Gelegenheit gibt. Man muss sehen, was daraus wird. Ich suche einfach einen Verein mit Perspektive, die Liga ist mir da egal“, sagt Reichert. Generell sei es sehr wichtig, eine komplette Vorbereitung mitzumachen, deshalb sei er dem WSV so oder so sehr dankbar.

Das gilt auch für Lutz Radojewski, der nach einer „Seuchensaison“ bei der U 21 des 1. FC Köln einfach nur wieder spielen will. Der 19-jährige Neffe von WSV-U23-Trainer Peter Radojewski ist beim WSV ein guter Bekannter, spielte dort in der U 14 und U 15 unter seinem Onkel - und das so gut, dass die Nachwuchsabteilung der Geißböcke auf ihn aufmerksam wurde. Dort hatte er in der U 17 und U 19 gute Bundesliga-Jahre.

„Aber in der U 21 bin ich einfach nicht zurechtgekommen. Trainer Dirk Lottner stand wohl nicht auf mich.“ Als klar war, dass Lottner nach seinem kurzen Gastspiel in der Ersten zur neuen Saison zur U 21 zurückgekehrt, war auch für den 19-jährigen Radojewski klar, dass es dort für ihn keine Zukunft gibt. „Ich hatte zwar 16 Saisoneinsätze, aber nur drei ganze Spiele, das ist einfach frustrierend“, sagt Radojewski, der selbst am liebsten auf der Sechs spielt.

Im Rückspiel gegen den WSV konnte er beim 2:1-Sieg sein Talent zumindest ansatzweise beweisen. „Ich würde natürlich gerne zurück nach Wuppertal kommen“, sagt er. Mit Jan-Steffen Meier, Basti Sube und Felix Herzenbruch hat er dort schon in der Jugend zusammengespielt. Das Trainingslager findet er toll.

„Das ist ganz anders als mit Köln wo wir an einem abgeschotteten Ort bei Bitburg waren. Außerdem ist es etwas ganz anderes, wenn mehr ältere Spieler dabei sind. Die treten die Jungs schon mal in den Hintern und fordern bei jedem Trainingsspiel Leistung.“

Hoffnungen, beim WSV unterzukommen, macht sich auch Laurenz Wassinger (21), nachdem ihn Hans-Günter Bruns über Wassingers Berater Gunther Neuhaus in der vergangenen Woche ganz explizit zum Trainingslager eingeladen hatte. „Die Vorgespräche waren sehr positiv“, sagt Neuhaus, der am Montag kurz in Bad Kreuznach vorbeischaute. Aber natürlich weiß auch er, dass es auch an den finanziellen Möglichkeiten hängt.

Wassinger hätte wohl auch in Bochum bleiben können, nachdem er in der Regionalliga-Rückrunde zehn Tore für die Zweite des VfL gemacht hat. „Davor habe ich aber zwei Jahre fast nur auf der Bank gesessen. Das war ganz schön frustrierend“, bekennt der Stürmer, der im Winter 2009/10 vom Landesligisten Hordel losgeeist wurde, wo er viele Tore geschossen hatte.

Schnell, beidfüßig, geradlinig, das sind seine Attribute. „Idealerweise als zweite Spitze, aber auch über außen kann er spielen“, sagt sein Berater. Gegen den WSV setzte er eine Durftmarke als er im Hinspiel der vergangenen Saison zwei Treffer zum Bochumer 4:1-Erfolg beisteuerte. Es war damals das erste Spiel des WSV unter Hans-Günter Bruns. Er hatte gerade Karsten Hutwelker nach dem miserablen Saisonstart abgelöst.

„Doch danach habe ich wieder meist nur auf der Bank gesessen. Im Winter wurde mir dann bedeutet, dass mein Vertrag wohl nicht verlängert wird, deshalb hatte ich mit Bochum eigentlich schon abgeschlossen.“

Im ersten Spiel nach der Winterpause erzielte der 21-Jährige gegen Fortuna Köln dann aber sogar drei Treffer und war fortan in der Stammelf, knipste bis zum Saisonende noch weitere sieben Mal. Bochum wollte nun doch noch mit ihm verlängern. „Die hatten aber kein Geld mehr, haben sie gesagt, das mache ich nicht mit“, erklärt der junge Stürmer selbstbewusst. Nun hofft er sich beim oder über den WSV anbieten zu können.

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