Anoris erster Ausflug: Viel Wirbel um das Eisbär-Mädchen

Etwa 50 Journalisten waren beim Wettstreit um das beste Foto dabei, als sich Anori am Donnerstag erstmals ins Freie wagte.

Wuppertal. Minuten, bevor der Star auftritt, erreicht das Gedrängel seinen Höhepunkt. Fernsehteams mit mächtigen Kameras, Fotografen mit Teleobjektiven, Journalisten mit Schreibblöcken und Radiomikrofonen: Alle wollen den besten Platz vor der sechs Zentimeter dicken Scheibe, hinter der der Star gleich erscheinen wird.

Das Objekt des geballten Medieninteresses ist nur etwa kniehoch, erst wenige Monate alt und noch etwas tapsig auf den Beinen. Aber genau das haben die Journalisten ja erwartet: Als das Eisbärmädchen Anori die erste Tatze aus ihrer Höhle ins Freie streckt, entfesseln die Fotoapparate ein Dauerfeuer. Als wäre das der rote Teppich vor einer Oscar-Verleihung — dabei ist es doch nur das kleine Eisbärengehege im Wuppertaler Zoo.

Wobei: Nicht jeder der anwesenden Medienvertreter ist gut vorbereitet. „Hat das eigentlich auch einen Namen?“, fragt ein Kameramann mit Blick auf Anori. „Vielleicht einfach nur Eisbär“, schlägt sein Kollege vor. Da weiß das Zoo-Publikum wohl um einiges besser Bescheid. Doch die zahlenden Besucher müssen erst einmal hinter einer Absperrung warten: Ihnen bleibt nur der Blick von oben auf Anori, da nur die rund 50 Medienvertreter ganz nah ans Gehege dürfen.

Für 10.30 Uhr ist Anoris Aufritt angekündigt — und nachdem Mama Vilma kurz die Lage geprüft hat, ist das Eisbärmädchen pünktlich. Man merkt, dass sie heimlich geübt hat: Zoodirektor Ulrich Schürer verrät, dass es am Vortag schon einen Freiluft-Probelauf des Bärchens gab. Anori gibt sich dementsprechend locker: Sie tapst durch das Gehege, stolpert zwischen den Beinen ihrer Mutter herum und platziert sich gut sichtbar, um zu trinken.

Das sind jede Menge Gelegenheiten für gute Fotos — wenn man es denn schafft, dass einem kein Kollege im Bild hängt. „Ich habe noch kein einziges brauchbares Bild“, jammert eine Fotografin, bevor sie sich ganz nach vorn drängelt. Zwei Kolleginnen vom Radio machen eine Live-Reportage:. Mitten im Gedränge murmeln sie Beschreibungen in ihre Mikros. O-Ton „süß, flauschig und tapsig“. Die beiden Tierpfleger beantworten währenddessen die immer gleichen Fragen: „Was isst sie?“ — „Wieviel wiegt sie?“ — „Wie ist das, ein Eisbärbaby auf dem Arm zu halten?“

Erst zwanzig Minuten nach Anoris ersten Schritten in die Öffentlichkeit dürfen endlich auch die Zoobesucher hinunter ans Gehege. Eine Kindergartengruppe und mehrere Schulklassen sind da, auch Kinder mit ihren Eltern und Senioren. Während die Erwachsenen hin und weg sind von der „niedlichen Kleinen“, zeigen ausgerechnet die Jüngsten am wenigsten Begeisterung.

Sie verstehen wohl nicht so ganz, warum um ein kleines Bärchen, das aussieht wie ihr Kuschelteddy zu Hause, so ein Rummel gemacht wird. „Aber die Affen will ich auch noch sehen“, stellt ein kleiner Junge klar, als er sich gerade nach vorne gekämpft hat. Und ein Mädchen hat schon nach wenigen Minuten genug: „Wann gehen wir endlich zu den Fischen?“

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