Ehrenamt Chefarzt hilft dort, wo die Spezialisten fehlen

Professor Götz Lehnerdt, Leiter der HNO-Klinik an der St.-Anna-Klinik, hat bereits zum siebten Mal in Namibia schwerhörige Kinder operiert.

Ehrenamt: Chefarzt hilft dort, wo die Spezialisten fehlen
Foto: privat

Wuppertal. Als Götz Lehnerdt im April in ein Flugzeug mit dem Ziel Namibia steigt, ist er nicht auf dem Weg in den Urlaub, auch wenn das „ein ganz tolles Reise- und Urlaubsland“ ist, wie er findet. Ganz im Gegenteil — er ist auf dem Weg zur Arbeit. Normalerweise arbeitet Lehnerdt als Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), Kopf- und Halschirurgie an der St.-Anna-Klinik. Doch alle zwei bis drei Jahre ist sein Weg zur Arbeit wesentlich länger.

Als er gefragt wurde, ob er ehrenamtlich beim Hilfsprojekt „Omakutsi“ mitarbeiten möchte (das bedeutet „Ohren“ in der namibischen Sprache Oshiwambao), war ihm schnell klar, dass er zusagt. Lehnerdt: „Ich habe Familie in Namibia und das Land dadurch schon als kleines Kind kennengelernt. Es ist kein ganz krasses Dritte-Welt-Land, aber man merkt schon die gesellschaftlichen Kontraste.“ Es gebe zwar flächendeckend eine medizinische Grundversorgung, aber kaum Spezialisten, gerade einmal vier HNO-Ärzte für mehr als zwei Millionen Einwohner.

In diesem Jahr war er mit zwei Kollegen in der Stadt Rundu ganz im Norden Namibias. Dort hat er in fünf Tagen 46 schwerhörige Kinder operiert, die größtenteils an einer chronischen Mittelohrentzündung litten. Eine Volontärin war vorher durch die Dörfer gefahren und hatte Hörtests durchgeführt.

Das Projekt wird durch Spenden finanziert und ist nur in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern und Ärzten vor Ort möglich. Lehnerdt, der in Wuppertal aufwuchs und am Gymnasium Bayreuther Straße sein Abitur gemacht hat: „Probleme werden spontan gemeinsam gelöst. Wenn zum Beispiel ein Mikroskop nicht funktioniert, wird einfach in bewundernswerter afrikanischer Weise improvisiert.“ Man müsse sich der Mentalität anpassen. „Die afrikanische Uhr tickt anders, da kann man nicht alles in seiner deutschen Denkweise machen.“

Wichtig ist Lehnerdt die Hilfe zur Selbsthilfe: Er bildet namibische Ärzte weiter. Sein schönstes Erlebnis hatte er bei einem Vortrag an der medizinischen Fakultät in Windhoek. Dort wollte er angehende Ärzte motivieren, sich auf HNO-Kunde zu spezialisieren. Unter ihnen war eine Studentin, die selbst einmal von dem Projekt profitiert hat und am Ohr operiert worden war. „Da wurde mir warm ums Herz, da merkt man, wofür man das macht.“ Das sei zwar ein Einzelfall, aber symbolisch.

Gefragt, was er von seinen Reisen nach Namibia mitnimmt, sagt Lehnerdt: „Das sind tausend Sachen. Es ist toll, zu sehen, wie sich Vorurteile bei der täglichen Zusammenarbeit im Team auflösen. Man lernt auch viel für sich selber.“ Auch deswegen war es nicht das letzte Mal, dass Götz Lehnerdt in ein Flugzeug mit dem Ziel Namibia gestiegen ist.

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