Eine bitterböse „Talfahrt“

Ob WSV, CDU-Querelen oder städtische Sparpolitik — Neutag, Rasch und Scheugenpflug teilten bei ihrem Jahresrückblick mächtig aus.

Cronenberg. Man kennt’s vom Rodeln: Bei einer richtigen Talfahrt muss der Schlitten erstmal Fahrt aufnehmen. Bei der Premiere ihres gleichnamigen satirischen Jahresrückblicks in der Alten Schmiede von Knipex brauchten auch die Kabarettisten Jens Neutag und Jürgen H. Scheugenpflug sowie Musiker Ulrich Rasch einige Minuten, bevor das Publikum so richtig in Stimmung kam. Doch als — um im Bild zu bleiben — der Schlitten so richtig ans Laufen gekommen war, entwickelte sich eine ebenso amüsante wie temporeiche Schussfahrt durch all die Themen, die die Wuppertaler 2012 in Atem gehalten haben.

Vor ausverkauften Haus in Cronenberg streute das Trio auf der Bühne genüsslich Salz in die Wunden des Wuppertaler Stadtlebens. Eine derselben: die anhaltenden Querelen des WSV. So ließen die Kabarettisten eine Sammelbüchse für den gebeutelten Verein durch die Reihen gehen — und nach der Pause verkündete Neutag einen beeindruckenden Erlös von 29,89 Euro. Scheugenpflug rundete auf 36 Euro auf: „Das sind immerhin drei Stehplätze und drei Würstchen.“

Jürgen H. Scheugenpflug zu den Einsparungen der Stadt bei den Wuppertaler Bühnen.

Das Lieblings-Zielobjekt der „Talfahrt“ war allerdings nicht der Ex-Spitzenklub, sondern „seine Heiterkeit“ Bernhard Simon. Die politischen Windungen des CDU-Ex-Fraktionschefs wurden gnadenlos seziert, bis hin zu einem bitterbösen Abschiedslied. Doch auch der finanzielle Kahlschlag der Stadtspitze wurde aufs Korn genommen. Scheugenpflug zum Rotstift im städtischen Kultur-Etat: „Immerhin haben wir nach der Kürzung noch einen Schauspieler mehr als Müllers Marionettentheater.“

Neutag, als gebürtiger Remscheider, blickte indes über den Tellerrand auf die Bundespolitik. Genüsslich ließ er sich etwa absurde Zitate wie: „Wir müssen unsere Verkehrstoten halbieren“ von CSU-Minister Peter Ramsauer auf der Zunge zergehen. Fazit: Im nächsten Jahr kann es nur besser werden.

Das hoffte das Kabarett-Trio auch für Wuppertal und wagte einige Ausblicke: Das „Schlaflabor“ — die Bergische Entwicklungsagentur — darf leider weitermachen, der Stadtrat kommt in die Forensik und Wuppertal wird überflutet, so dass chinesische Touristen dann das Engelshaus aus einem Glasbodenboot betrachten können. Versöhnlich geriet immerhin der Schluss mit einem französisch angehauchten Liebeslied auf Wuppertal: „Ans Herz(kamp) wird die Stadt gedrückt und ein Schauer läuft über den (Scharpe)nacken.“ Wie gesagt: Es kann nur besser werden.

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