Jippjie Heija: Wildwest-Romantik in Wuppertal

Der neue Club „Double You Squeezers“ lockt Tanzbegeisterte aus der ganzen Region.

Wuppertal. Die Wildwest-Romantik, in der Cowboys harte Burschen sind und Indianer jagen, ist Vergangenheit. Wenn die kernigen Raubeine auch nicht mehr in den Sonnenuntergang reiten, am Lagerfeuer sitzen oder im Saloon Whiskey trinken, hat es eine Tradition von Amerikas Pilgerzeit bis ins Jetzt geschafft: der "Western Square Dance", der sich zum modernen Tanzsport gewandelt hat.

Seit wenigen Wochen tanzen auch Wuppertaler im Western-Stil. "Swing your girl”, ruft "Caller" (Ansager) Michael Brandt, der sich in der Tanzszene als "Osz" einen Namen gemacht hat, ins Mikrofon. Sofort fasst Achim Gackowski seiner Tanzpartnerin um die Hüfte und dreht sie schwungvoll um die eigene Achse. Dabei wirbelt ihr Petticoat mit dem gelben Unterrock aus Tüll durch die Luft.

An diesem Mittwochabend organisieren die Mitglieder des neu gegründeten Clubs "Double You Squeezers" (das W steht für Wuppertal) einen offenen Tanzabend, "Open House", für alle, die so wie einst Cowboys und deren Ladies eine heiße Sohle aufs Parkett legen wollen.

Rund 60 Tanzbegeisterte haben den Lockruf aus dem Bergischen gehört und nahmen eine weite Anreise in Kauf. Fakt ist: "Square Dance" ist im Trend. In NRW teilen 500 Tänzer dieses Hobby, deutschlandweit rund 20.000.

"Das Schöne an diesem Tanzsport ist die Gemeinschaft. Es gibt keinen Wettkampf und keine Konkurrenz", sagt Yvonne Essberger. Während sie im Berufsleben Leistung bringen muss, sei "Square Dance" ein sportlicher Ausgleich bei dem sie den Kopf frei bekommt.

Weil die Tanzfiguren einer internationalen Norm unterliegen und alle Tänzer aus einem Repertoire von rund 70 Tanzfiguren - die sie in einer sogenannten "Class" lernen - schöpfen, ist es für die Tänzer überall auf der Welt möglich, ihren Sport zu treiben. "Wir Square Dancer verstehen uns auch ohne Worte", sagt Essberger. Ihre Freundin Doris Klar von den Leverkusener "Crossing Creeks" trägt zur Erinnerung an ihren "Tanz-Tourismus" die Wappen aller Vereine, bei denen sie mal als Gast getanzt hat, am Revers - eine Rundreise quer durch Deutschland.

Der Nebeneffekt: Dabei hat sie viele Freunschaften knüpfen können - sowieso tanzt der Gemeinschaftsgedanke beim "Square Dance" immer mit. Und das Generationen übergreifend, denn die Tänzer sind im Schnitt zehn bis 80 Jahre alt.

"Bow to your partner", sagt "Caller" Michael Brand an. Er selbst kam mit dem Tanzsport das erste Mal auf der Insel Sylt bei den "Island Rebels" (Insel-Rebellen) in Berührung. Auf die höfliche Aufforderung hin verbeugen sich die vier Paare in einem "Square" ("Quadrat") voreinander. Galant nimmt der "Boy" (Junge) dann das "Girl" (Mädchen) an die Hand. Auf das Kommando, "pas through star through" tänzeln die Partner in Rückwärtsbewegungen Schulter an Schulter umeinander herum - ohne sich dabei zu berühren. Wenn "Square Dance" auch der neuen Mode folgt, schlägt in einem kurzen Moment die uramerikanische Wurzel durch: Als sich die Tänzer mit der Handfläche abklatschen, ist ein Schrei zu hören: "Jippjie Heija" - ganz wie im Wilden Westen eben.

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