König der Verse: Patrick Salmen ist Deutschlands bester Poetry-Slammer

Der 25-jährige Wuppertaler hat die Auszeichnung als bester Bühnen-Poet erhalten.

Wuppertal. Sein Handy klingelt. Es klingelt oft in diesen Tagen. Dieses Mal ist ein Radiosender dran. "Die wollen so eine Live-Geschichte machen", sagt Patrick Salmen, während er sein Handy zurück in die Hosentasche schiebt. "Im Moment ist das echt krass." Zeit zum Kaffee trinken, wie an diesem Nachmittag, hat der 25-Jährige nur noch selten. Er ist der frisch gekürte Deutsche Meister der Poetry-Slam-Szene - Poesie in modernem Gewand mit Gedichten und Geschichten aus dem Alltag.

"Ein Großstadtmensch, das bin ich wahrlich nicht." Wieder so ein schönes Wort, das sonst kaum jemand benutzt. Wahrlich. Ein wenig affektiert klingt es, aber nicht aus dem Mund von Salmen. "Worte", sagt er, "das ist für mich Material, das weniger wird, wenn man es benutzt." Man müsse sie behutsam wählen, sonst nutzen sie ab. Werden bedeutungslos.

Seit drei Jahren ist Patrick Salmen als Poetry-Slammer unterwegs. Mittlerweile so erfolgreich, dass für sein Germanistik- und Geschichtsstudium an der Bergischen Uni derzeit keine Zeit mehr bleibt. Aber, "das war für mich nie eine berufliche Perspektive. Lehrer werden oder so". Das Schreiben durchzieht sein Leben. Zunächst Briefe und Tagebücher, später sind es Songtexte. "Wie man das eben so macht", sagt er. Jetzt sind es Bühnentexte. Und sogar der erste Roman ist fertig geschrieben.

Vier bis fünf Auftritte absolviert er durchschnittlich pro Woche in ganz Deutschland. Es ist eine komfortable Situation, von der Kunst leben zu können. Zugleich tückisch, denn mit dem Erfolg schwindet auch die Zeit fürs Schreiben. "Ich versuche, mir jeden Tag eine Stunde dafür zu nehmen." Meist schreibe er in der Bahn oder in Cafés. Wie hier im Katzengold im Luisenviertel. Während er spricht, legt er kurz seinen Kopf auf die verschränkten Arme auf dem kleinen Holztisch.

Patrick Salmen, Auszug aus seinem Text "Bart", mit dem er Deutscher Poetry-Slam-Meister wurde.

Wenige Augenblicke später glänzen seine Augen wieder ganz wach. Denn er spricht über Wuppertal. Seine Stadt. Ihre vielen Facetten und diese "morbide Industriekulissen". Die mag er besonders. Die Nordstadt, das Luisenviertel, das ist sein Zuhause. "Wegen der Menschen." Darunter sind viele Schöngeister, so wie er. Aber Angst davor, den Draht zu den "normalen Menschen" zu verlieren, habe er nicht. "Viel zu bodenständig", winkt er ab. Vielmehr fürchtet er sich davor, keine Zeit mehr für Menschen und Dinge zu haben, die ihm wichtig sind.

Mit seinem Text "Bart" konnte er die 2000 Gäste in der Bochumer Jahrhunderthalle bei der Meisterschaft überzeugen. Eigentlich sei er "nicht verwegen, sondern verlegen und schüchtern", heißt es darin. Viele seiner Texte sind sehr persönlich. Doch bevor es auf der Bühne zu sentimental wird, blitzen Sätze wie, "alles was mich schützt ist mein Bart - er ist wie eine Mikrowellenabdeckhaube" auf, die das Publikum zum Jauchzen und Jubeln bringen, auf. "Meinen eigenen Humor habe ich erst beim Slammen entdeckt." Zum ersten Mal hatte er an diesem Abend, dem Abend der Meisterschaft, Lampenfieber. Er streicht mit den Handflächen über seine Oberschenkel und grinst. "Ich erschrecke mich sonst manchmal selbst davor, wie abgeklärt ich bin."

Er ist ein Realist, mit dem Gespür für liebenswerte Details und bissige Pointen. Sein liebster Text? "Papierblütenstaub. Der handelt von meinem Großvater, der Uhrenmacher war. Ich habe ihn immer darum beneidet, dass er etwas so Schönes macht, dass man auch greifen kann. Bei mir beruhte ja immer alles auf Vorstellungen." Es sind die kleinen Helden die er mag und ihre Geschichten, die er am liebsten erzählt.

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