Rallye-Tagebuch Nach Barcelona und zurück im 400-Euro-Golf

Thomas Müller und Timo Schütz wagen das große Abenteuer. Sie fahren im 22 Jahre alten Golf über Stock und Stein nach Spanien.

Rallye-Tagebuch: Nach Barcelona und zurück im 400-Euro-Golf
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Urlaub kann auch spannend sein. Dafür haben sich Thomas Müller (34) und Timo Schütz (35) entschieden. Während andere im Süden am Strand liegen oder beschaulich über Berg und Tal wandern, sitzen die beiden Wuppertaler im Auto. Sie fahren von München über Österreich, Slowenien, Kroatien und Frankreich nach Spanien. Dass sie dafür nur sieben Tage Zeit haben, ist die anstrengende Komponente dieser Ferien. Spannend macht es der VW-Golf, den sie dafür nutzen. Schütz und Müller nehmen an einer Hobbyfahrer-Rallye teil. Der Weg ist das Ziel, und wenn der Golf mitspielt, erreichen sie es. Nächsten Freitag wollen sich alle 80 Teams in Barcelona treffen.

„Wir haben von Bekannten von der Rallye gehört. Die sind voriges Jahr mitgefahren“, sagt Thomas Müller. Er und Timo Schütz brauchten nicht sehr lange für die Entscheidung, das Abenteuer zu wagen. Und es ist ein Abenteuer. Denn die Teilnahmebedingungen haben es in sicht. Der fahrbare Untersatz darf nicht teurer sein als 500 Euro. Dafür gibt es keinen Kraftprotz und nichts grundsätzlich Geländetaugliches.

Aber es gibt den VW-Golf. Dunkelblau, sogar mit Klimaanlage, 310 000 Kilometer auf dem Tacho, aus 1. Hand, 75 PS stark. „Der schafft noch 180“, berichtet Timo Schütz beeindruckt. Was auch für den Golf sprach, war, dass er nur 400 Euro kostete.

Thomas Müller und Timo Schütz verstehen etwas von Autos. Sie sind gelernte Industriemechatroniker. Motoren sind keine böhmischen Dörfer für die Freunde, die sich vor fast 20 Jahren während ihrer Ausbildung bei Vorwerk in Laaken kennengelernt haben. Der Wagen ist gut in Schuss. Und seine beiden Fahrer sind überzeugt davon, dass er die Tortur überstehen wird. Denn die Strecke besteht längst nicht nur aus Autobahnen, wie sie der Golf aus Deutschland kennt. Da sind auch Bergpässe und Schotterpisten dabei. „Das wissen wir aber auch erst seit ein paar Tagen“, sagt Schütz. Über die Strecke haben die Veranstalter der Rallye bis kurz vor dem Start den Mantel des Schweigens gehüllt. Welchen Weg die Teams wählen, ob Autobahn, wenn es denn eine gibt, oder Landstraße, bleibt ihnen überlassen.

Müller und Schütz sind sicher, dass ihr Schätzchen die Herausforderung meistert. Dafür haben sie es herausgeputzt, allerdings auf Sparflamme. „Die Aufkleber haben nicht mehr als fünf Euro gekostet“, erzählt Müller. Neben rallyetypischen Verzierungen prangen die Namen bekannter Sponsoren auf dem Lack. Geld bekommen die beiden Wuppertaler dafür aber nicht.

Das Abenteuer kostet Müller und Schütz 1500 bis 1700 Euro. Darin sind die Startgebühren von 500 Euro enthalten. Der Rest entfällt auf Benzin, Lebensmittel, Mautgebühren und den Schutzbrief, den sie mitführen müssen. Pannen sind schließlich nicht ausgeschlossen.

Doch wenn das geschen sollte, werden der Elektrotechniker Müller und der Maschinenbauingenieur Schütz sich sehr wahrscheinlich zu helfen wissen. Panzerklebeband, Öl, Kabelbinder und Ersatzreifen sind für Notfälle im Kofferraum. Mehr nicht. „Was kaputt geht, hat man ja sowieso nie dabei“, sagt Müller.

Zur Grundausstattung gehören auch ein Zelt und der Grill. Die Idee der Rallye ist, dass sich alle Teilnehmer nach jeder Tagesetappe wieder treffen. Außerdem sind die Fahrer gehalten, sich unterwegs zu helfen, falls das notwendig sein sollte. „Es geht nicht ums Gewinnen“, sagt Müller. „Und es gibt auch keinen Pokal, glaube ich.“

Aber am Ende der Rallye gibt es auf jeden Fall einen Helden, wenn alles so läuft, wie Schütz und Müller sich das vorstellen: der 22 Jahre alte Golf, dann allerdings mit fast 316 000 Kilometern auf der Uhr. „Den Wagen verkaufen wir nach der Rallye so, wie er das Abenteuer überstanden hat“, sagt Müller.

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