Warum „Wuppertal“ die Nummer eins in Frankreich ist

Die französische Erfolgsband Indochine besingt das Tal auf ihrem neuen Album — aus Verbundenheit zu Pina Bausch.

Wuppertal. Warum singt eine der erfolgreichsten Bands Frankreichs über Wuppertal? Die Band Indochine eroberte mit ihrem Anfang Februar erschienenen Album „Black City Parade“ sofort den ersten Platz der französischen Album-Charts. Eines der Lieder auf dem Album heißt „Wuppertal“ — eine Hommage an die 2009 verstorbene Star-Choreografin Pina Bausch.

Wenn man so will, gilt die Tanz-Ikone den sechs Franzosen Nicola Sirkis, François Matuszenski, Oli de Sat, Boris Jardel, Marc Eliard und Mr Shoes als Muse. Seit mehr als 30 Jahren genießt die Band Indochine in Frankreich Kultstatus — gelingt es ihr doch immer wieder, die nationale Seele Frankreichs zu besingen. Indochine ist in Frankreich ähnlich populär wie Herbert Grönemeyer in Deutschland und füllt bei Konzerten etwa das Stade de France in Paris, eines der größten Stadien Frankreichs. Musikalisch halten die Musiker nach einigen Stilwechseln Vergleichen mit Placebo stand. Mit den britischen Alternativ-Rockern verbindet die Band um Sänger Nicola Sirkis eine enge Freundschaft.

Gegründet wurde Indochine im Jahr 1981 von Nicola Sirkis und Dominique Nicolas. Kurz darauf stießen Nicolas Zwillingsbruder Stéphane Sirkis und Dimitri Bodiansky zur Band. Weil sie den New Wave in einer rockigen Variante nach Frankreich brachten, wurden sie am Anfang ihrer Karriere „Depeche Mode Frankreichs“ genannt.

Es war in diesen Anfangsjahren der Gruppe, als Nicola Sirkis auf Pina Bausch aufmerksam wurde. Damals wohnte er nahe des Thèatre de Ville in Paris. Dort gastierte das Wuppertaler Tanztheater. Er besuchte zahlreiche Auftritte; wollte zeitweise sogar selber Tänzer werden. In einem Interview mit dem französischen Boulevard-Magazin Paris Match erklärte Sirkis, was ihn an der Choreografin und Tänzerin faszinierte: Sie lasse es zu, dass in ihren Stücken „das Imaginäre die Macht übernehme“. Er nannte dies eine „gewaltsame Romantik“ und sagt: „Pina hat alles revolutioniert.“

20 Alben und etwa 40 Singles später hat Sirkis ihr ein Lied geschrieben. „Wuppertal“, mal düster-melancholisch, mal hoffungsfroh-lebensbejahend. Es reiht sich ins restliche Album ein. In „Black City Parade“ besingt die Gruppe eine moderne Urbanität, die glänzend-schön wie eine Edelboutique auf einem Prachtboulevard, aber auch hässlich wie ein Abrissviertel sein kann.

In Paris, New York, Berlin, Brüssel und Tokio haben Indochine an dem Album gearbeitet — und es ist eine musikalische Collage der Metropolen enstanden. Ein Teil davon ist „Wuppertal“. Die Stadt, das erklärt Indochine, diene als Kulisse für einen Protagonisten, der aus dem Alltagsleben ausbreche und sich im Tanz verwirkliche — genau das, was Pina Bausch damals in den 70er Jahren in Wuppertal getan hat und dabei immer ihrer Heimat treu geblieben ist. Für Indochine ist das Tanztheater ein Synonym für Wuppertal und für deren Choreografin Pina Bausch.

Das Lied ist eine rockige Ballade, die mit dem deutschsprachigen Intro „Frühling und Sonnenschein“ beginnt, das auch in Bauschs Stück Kontakthof zu hören ist. Einer in düsteren Farben gezeichneten Verzweiflung wird Hoffnung lautstark entgegen gehalten. Hoffnungsvoll äußert sich Indochine-Frontman Nicola Sirkis auch im Paris-Match-Interview. Einer seiner größten Träume sei, dass Bénedicte Billet und Jo-Ann Endicott vom Wuppertaler Tanztheater eines der künftigen Musikvideos der Band choreografieren würden. Gerne wolle die Band Tanzaufführungen in Wuppertal besuchen. Wie heißt es im Lied „Wuppertal“: „Tanzen würde ich für dich. Wie ein Leben. Wie ein tanzender Traum“ — der Grund, warum die französische Band über Wuppertal singt.

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