Mieter im Trassen-Viadukt befürchten die Kündigung

Die Stadt hat angekündigt, die seit Jahrzehnten bestehenden Mietverhältnisse der Geschäftsleute möglicherweise zu beenden.

Barmen. Horst Jung trägt eine Bananenkiste aus dem Lager, er wirkt besorgt: "Wenn ich hier raus muss, kostet mich das meine Existenz", sagt der Obsthändler aus Barmen, "dann kann ich aufhören." Seit 1964 betreibt Jung sein Gewerbe in einem der Räume zwischen den Bögen des Kuhler Viadukts. Rechts vom Barmer Steinweg führt eine Zufahrt zu seinem Lager unter dem steinernen Koloss.

Seit vielen Jahrzehnten ist ein Teil der Bögen vermietet, Hobby- und Gewerberäume sind dort entstanden. Bislang gehörten die Flächen der Bahn, doch nachdem das Areal für die Planungen zur Nordbahntrasse verkauft worden ist, haben die insgesamt fünf Mieter vom Kuhler Viadukt einen neuen Vermieter: die Stadt Wuppertal. Und von der bekamen sie jetzt einen Brief, der sie verunsichert: Es handelt sich nämlich um die Ankündigung einer möglichen Kündigung. In dem Schreiben, das der WZ vorliegt, warnt die Stadt vor möglichen Gefahren durch lose Steine, rät den Mietern, "die unmittelbare Nähe der Viadukte möglichst zu vermeiden und dort nichts abzustellen".

Dann der entscheidende Satz des Briefs: Es werde "im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht aller Voraussicht nach nicht zu vermeiden sein, die bestehenden Mietverhältnisse zu beenden". Horst Jung kann darüber nur den Kopf schütteln: "Hier ist doch noch nie etwas passiert." Sein Nachbar Rolf Brauch, dessen Familie zwischen den Viadukt-Bögen seit mehr als 60 Jahren eine kleine Schreinerei betreibt, hält die Reaktion der Stadt für übertrieben. Brauch: "Die einzigen Steine, die hier jemals runtergekommen sind, wurden von oben geworfen."

Besteht nun also echte Gefahr oder will sich die Stadt in erster Linie vor möglichen Klagen schützen? Tatsache ist, dass an den Brücken und Tunnelbauwerken einiges zu tun ist. "Wir haben bereits 80 000 Euro für Sicherungsmaßnahmen aufgewendet", sagt Kathrin Petersen von der Stadt. Der Zustand des Kuhler Viadukts schließe eine mögliche Gefährdung nicht aus, darauf habe man aufmerksam gemacht, so Petersen.

Die Gewerbetreibenden befürchten, nun aus ihren Räumen ausziehen zu müssen. Bei der Stadt will man davon aber noch nichts wissen: "Wir haben die Mieter vorsorglich angeschrieben", sagt Kathrin Petersen. "Es ist derzeit noch offen, ob eine Kündigung nötig wird. Alle weiteren Schritte werden derzeit geprüft - auch im Sinne von Schadensbegrenzung für die Mieter."

Rolf Brauch, Horst Jung und ihre Nachbarn hoffen, dass sie bleiben können und das ihrer Auskunft nach immer problemlose Mietverhältnis bestehen bleibt. "Die Stadt kann von uns sofort eine eidesstattliche Versicherung bekommen, dass wir weder jetzt noch in Zukunft wegen möglicher Schäden klagen werden", sagt Horst Jung.

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